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Die Kulturtipps im April führen uns zu einer unglücklichen Hochzeit im Jahr 1931, lassen uns bei einer Weltersteinspielung eine musikalische Perle wiederentdecken und zeigen Unglaubliches angesichts der Schrecken im Konzentrationslager von Auschwitz.

Heiter zur Hochzeit?

Nein. Die Braut in Julia Stracheys kleinem Roman „Heiteres Wetter zur Hochzeit“ ist alles andere als glücklich. Wir schreiben das Jahr 1931 und Dolly Thatcham schickt sich an, den Ehrenwerten Owen Bigham zu heiraten. Und während an diesem kalten, stürmischen und so gar nicht freundlichen Märztag das ganze Haus in Aufgeregtheit hin- und herschwarwenzelt, letzte Vorbereitungen trifft und sich hier und da auch ordentlich kabbelt, versinkt die Braut in Trübsinn. Aufreizend langsam vertrödelt sie die Vorbereitungen und gibt sich in ihrem Zimmer dem Rum hin. Percy, ein unglücklich in die Braut verliebter Verehrer, der sich ebenfalls im Haus aufhält, macht die Sache auch nicht besser. Der Autorin Julia Strachey gelingt mit „Heiteres Wetter zur Hochzeit“ nicht nur eine „bemerkenswert säuerliche Geschichte“, wie es ihre Schriftstellerkollegin Virginia Woolf einst formulierte, sondern auch ein mit leichtem Ton dialogreich inszeniertes Drama um den Trübsinn eines Ehelebens, das mitnichten von dem „schönsten Tag des Lebens“ eingeläutet wird. Doch glücklicherweise ist der Trübsinn der Braut für uns ein großer Lesespaß!

Julia Strachey
Heiteres Wetter zur Hochzeit
Deutsch von Nicole Seifert
Dörlemann Verlag, Zürich 2021

Schon mal gehört?

Sicher nicht. Denn das schweizerische Streichensemble casalQuartett ist dafür bekannt, neben seinem Kernrepertoire und zeitgenössischer Musik immer wieder auch mit Entdeckungen aufzuwarten. Der Dank sind zahlreiche Auszeichnungen, darunter drei Opus Klassik Awards und eine Grammynominierung. Sein aktuelles Album mit drei Streichquartetten von Anton Eberl ist so eine Perle der Kammermusik. Eberl, Zeitgenosse Beethovens und damals durchaus populärer als dieser, starb auf dem Höhepunkt seiner Karriere, was wohl auch der Grund seines Vergessens ist. In ihrer Rubrik „ReDiscoverd“ schuf das casalQuartett nun eine bemerkenswerte Weltersteinspielung. Tapfer kämpften sich die vier Musiker durch die Originalnoten, die noch nie jemand für Streichquartett entdeckt hatte, und spielen sich auf eine Art und Weise durch die Werke, in der uns die „thematischen Bälle mit einer stupenden Geschwindigkeit und Energie um die Ohren fliegen“, jubelt die Kritik.

casalQuartett
Rediscovered
Anton Eberl (1765 – 1807)
3 String Quartets op. 13
World Premiere Recording
Solo Musica 2022

Freiwillig in Auschwitz?

Ja. Witold Pilecki, polnischer Leutnant, ließ sich am 19. September 1940 in Warschau verhaften mit dem erklärten Ziel, nach Auschwitz gebracht zu werden. Sein Auftrag: Im Lager Widerstandsgruppen aufzubauen. Ihm gelang es, ein recht gut funktionierendes Netzwerk zu etablieren, das mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten arbeitete: man züchtete typhusinfizierte Läuse, um sie den SS-Leuten auf die Mäntel zu setzen, ersetzten in den Spitzelbriefkästen die eigentlichen Nachrichten durch solche, die die Spitzel bloßstellten und vieles mehr. Nur zum Aufstand kam es nie – der Befehl von außen blieb aus. Pilecki gelang schließlich die Flucht.

Der französische Zeichner Gaétan Nocq findet in seiner Graphic Novel „Rapport W – Freiwillig als Häftling in Auschwitz“ über den tapferen Leutnant eine weiche Bildsprache mittels Buntstift und Aquarell. Für den Lesenden wird daraus in erster Linie ein berührendes Schauen auf das Unvorstellbare. Übrigens – wer möchte, kann mit einem Ausflug in die Dauerausstellung des Pilecki-Instituts Berlin einen Blick auf historische Dokumente dieser fast unglaublichen und doch wahren Geschichte werfen.

Gaétan Nocq
Rapport W – Freiwillig als Häftling in Auschwitz
Splitter Verlag, Bielefeld 2021

Pilecki-Institut
Pariser Platz 4A
10117 Berlin (direkt am Brandenburger Tor)

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