Schmökerstunden im Paris des 17. Jahrhunderts, furiose Beethoven-Musik und ein süßes Einhorn verkürzen die Wartezeit auf den Frühling.
Verhängnisvolle Affäre
Ernest Hemingway und Janet Lewis waren Zeitgenossen. Sie gingen sogar auf dieselbe Schule. Doch die Literatur, die sie schrieben, konnte unterschiedlicher nicht sein. Inspiriert von dem Buch „Famous Cases of Circumstantial Evidence“, das Mitte des 19. Jahrhunderts erschien und juristische Fälle kommentiert, deren Urteile auf Indizien beruht, schrieb Janet Lewis fesselnde historische Romane. „Verhängnis“ ist einer von ihnen.
Es lohnt sich gleich in mehrfacher Hinsicht, dem launischen Märzwetter mit diesem schönen Schmöker zu trotzen: Das Buch ist ein lehrreiches und faszinierendes Porträt Frankreichs unter Ludwig dem XIV. Der Sonnenkönig tut sich mit Prunk und Mätressenwirtschaft am Hofe von Versailles hervor. In kleinerem Rahmen spielen sich ähnliche Dramen in den Straßen von Paris ab. Nachdem ein Pamphlet aufgetaucht ist, das den König diffamiert, verfügt dieser den Tod des Urhebers. Ein gefundenes Fressen für den Buchbinder Paul Dumas, der ein Verhältnis mit der Frau seines Meisters hat. Schiebt man dem unbescholtenen Mann die Pamphlete unter, ist der Weg für die Liebenden frei. Doch damit nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Janet Lewis gelingt eine spannende Lektüre, in der man stets den Abstand zu den Figuren wahrt und dennoch ins Paris des 17. Jahrhunderts eintaucht. Ein toller historischer Roman, der weit von kitschigem Melodram großartige Lesestunden garantiert.
Janet Lewis
Verhängnis
dtv Verlag, Frankfurt am Main 2020
Furiose Barockgeigerin
Das Repertoire der spanischen Geigerin Lina Tur Bonet umfasst 400 Jahre. Eine Leistung, die sie nur mit großer Neugier und viel Üben erreichen konnte. Um den Komponisten besonders nah zu sein, spielt sie zudem häufig auf Originalinstrumenten der Zeit. Auf ihrem aktuellen Album „Sonata Lunatica“ ist dies eine venezianische Violine von Carlo Tononi aus dem Jahr 1724. Es sind Werke von Beethoven, die darauf erklingen und ein besonderes Hörerlebnis bescheren – die sogenannte „Kreutzer-Sonate“ und die „Crockow-Sonate“, seine letzte Sonate.
Begleitet wird sie von der rumänischen Pianistin Aurelia Visovan. Auch sie spielt auf einem historischen Instrument aus der Zeit des Komponisten. „Feuer und Poesie“ drücke die Musik aus, so die Geigerin. Das möchte sie auch den Hörerinnen und Hörern mit auf den Weg geben. „Ich war sehr inspiriert von der Art wie die beiden Geiger spielten, denen die Sonaten gewidmet sind. Ich wollte auch meinen großen Respekt und meine Bewunderung zu Beethovens Musik zeigen, und alles, was ich über ihn gelesen habe – sein Charakter, seine Liebe zur Improvisation, und seine enorme innerliche Kraft und edle Seele – zum Hören bringen.“
Lina Tur Bonet | Violine
Aurelia Vişovan | Piano
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Sonate Nr. 9 A-Dur, opus 47 „Kreutzer-Sonate”
Sonate Nr. 10 G-Dur, opus 96 „Cockrow-Sonate”
Passcaille, 2021
Freches NEINhorn
Wer in diesen ereignislosen Zeiten Kinder beschäftigen muss, sollte einen Blick auf ein Buch werfen, das zwar schon vor zwei Jahren erschien, aber von meinem Kollegen Ingobert Waltenberger wärmstens empfohlen wird: „Das NEINhorn“. Erfinder dieses gänzlich unangepassten, mit Zuselhaaren ausgestatteten Einhorns ist Marc-Uwe Kling. Mit seinen Känguru-Chroniken hat er bereits eine erwachsene Fangemeinde gewonnen, die gemeinsam mit ihren Kindern ebenfalls ihren Spaß an dem Kinderbuch haben wird. Denn der freche Held sagt einfach zu allem „Nein“, ob es die Schule oder gezuckerter Glücksklee ist. Mit seinen Freunden dem WASbär, dem NAhUND und der KönigsDOCHter mischen sie die Welt auf und sprechen sicher dem einen oder anderen Kind wie Erwachsenem so richtig aus dem Herzen.
Marc-Uwe Kling / Astrid Henn
Das NEINhorn
Carlsen Verlag, Hamburg 2019
Foto: pexels