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Noch Ende 2019 gab es einen grünen Schimmer am unternehmerischen Horizont – da war nachhaltigeres Wirtschaften, auch aufgrund der Friday-For-Future-Demos, plötzlich eine mögliche Option für viele Unternehmen. Dann kam die Corona-Pandemie, die andere Fragen aufwarf und Nachhaltigkeitsdebatten verdrängte. Claudia Kemfert, die bekannte Wissenschaftlerin für Energie- und Klimaökonomie vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, glaubt aber deshalb nicht an ein Comeback der fossilen Industrie.

Im Interview erklärt „Mondays For Future“-Autorin Claudia Kemfert, wie die Pandemie nachhaltige Unternehmen dastehen lässt und welche Gemeinsamkeiten es bei Klimawandel- und Pandemieleugnern gibt.

Frau Kemfert, in Ihrem Buch beschreiben Sie den Börsengang von Saudi Aramco „als ein letztes Aufbäumen eines sterbenden fossilen Imperiums“. Im Zuge der Pandemie ist der Aktienkurs zwischenzeitlich eingebrochen, hat sich dann aber wieder gefangen. So auch die ganze fossile Industrie?

Der Eindruck täuscht. Das Zeitalter der fossilen Energien neigt sich dem Ende entgegen. Öl wird zur Ramschware, Unternehmen in der fossilen Energie verlieren Investoren, das Geld wird dort abgezogen. Endlich werden auch die Risiken der fossilen Energie wie beispielsweise die Umweltschäden stärker berücksichtigt, auch wenn wir von der echten Kostenwahrheit noch ein gutes Stück entfernt sind.

Lässt sich bereits beurteilen, wie nachhaltigere Unternehmen bisher durch die Corona-Krise gekommen sind?

Für eine präzise Beurteilung ist es zu früh. Aus der letzten Finanzkrise wissen wir aber, dass dem so war. Insbesondere die Umwelt- und Nachhaltigkeitsbanken zuvor belächelten „langweiligen“ Regionalbanken sind nahezu unbeschadet aus der Finanzkrise hervorgegangen. Corona ist aber anders und wirbelt viel durcheinander, jeder ist betroffen. Nach dem Neustart werden aber ganz sicher die Unternehmen und Branchen die Nase vorn haben, die auf zukunftsfähige Geschäftsmodelle setzen, die sozial- ökologischen Standards genügen. Denn da liegen die großen Chancen.

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Homeoffice ist durch Corona für viele Unternehmen und ihre Mitarbeiter gangbar geworden. Lässt sich das Arbeiten von zu Hause zukünftig als Teil der Nachhaltigkeitsstrategie von Unternehmen betrachten?

Absolut. Weniger jedoch als konkrete Nachhaltigkeitsstrategie, sondern vor allem aus Kosten- und Effizienzgründen. Viele stellen fest, dass Homeoffice und Videokonferenzen tatsächlich besser funktionieren als vorher und dass viele geschäftliche Fahrten und Flugreisen überflüssig sind. Zudem sind die Mitarbeiterinnen größtenteils produktiver. So werden Kosten gespart.

Vergangenes Jahr war „Fridays For Future“ das große Thema, viele junge Menschen hinterfragten etwa unsere Mobilität. Neben Flugreisen sind in der Corona-Zeit auch die Fahrten mit dem ÖPNV zurückgegangen, auch nach den Lockerungen. Erleben wir ein Comeback des Individualverkehrs?

Kurzfristig schon, nach der Krise muss besser und effektiver gegengesteuert werden: Im Bereich ÖPNV muss man sicher viel verbessern und neue Anreize setzen. Auch das ist ein lange diskutiertes Thema und kein Problem allein der Coronazeit. Zudem muss der Schienenverkehr insgesamt mehr unterstützt werden.

Wird die Pandemie denn langfristige Auswirkungen auf die Unternehmen der Mobilitäts- und Reisebranche haben?

Ich denke schon. Nach Corona ist nichts mehr wie vorher. Viele Menschen lernen die Heimat lieben. Lange Flugreisen mit hohen Risiken und Umwelt- und Klimaschäden werden zunehmend unattraktiv werden. Dies kann aber eine große Chance sein. Die Reiseanbieter haben ihr Programm ja schon umgestellt. Helgoland statt Hawaii.

Sie sind Teil der „Scientists For Future“, Ihnen stehen weiterhin Klimawandelleugner gegenüber. Gegenwärtig sehen wir auch Demos gegen die Erkenntnisse und Empfehlungen von Medizinern. Erkennen Sie bei Klimawandel- und Pandemieleugnern Gemeinsamkeiten?

Ja, nahezu identisch. Wie bei Klimawandel- gilt auch bei Pandemieleugnern und allen Verschwörungsmärchenanhängern: Eine kleine Minderheit der Bevölkerung wird durch gezielte PR-Kampagnen aufgehetzt und von den Medien mit zu viel Aufmerksamkeit beschenkt – im Gegensatz zum Großteil der geräuschlos unterstützenden Bevölkerung. Diskurse über krude Verschwörungstheorien sind aussichtslos und vertane Zeit.

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