Social Business, das suggeriert schon der Begriff, soll zweierlei schaffen: Unternehmertum leisten, aber sozial motiviert. Und das nicht nur in der Außendarstellung, sondern im tiefsten Inneren der Unternehmens-DNA verankert. Genau solche Social Businesses brauchen wir jetzt, sagt Leonhard Nima, ein Experte auf diesem Gebiet und selbst Gründer, der sein Know-how schon weltweit einsetzen konnte. Heute lebt er München.
In unserem Interview erklärt Leonhard Nima, wie der Gründer eines Social Businesses sein muss und warum auch für soziale Unternehmen Skalierbarkeit relevant sein kann.
Herr Nima, muss der Gründer eines Social Business auch ein Gutmensch sein?
Er oder sie sollte kein naiver Idealist sein, aber natürlich spielt das Mindset eine ganz große Rolle, also ja. Die Ausrichtung darauf, soziale Probleme zu lösen, ist fundamental wichtig bei einem Social Business.
„Social Business bedeutet nicht Charity, sondern Unternehmertum.“
Was macht ein gutes Social Business für Sie insgesamt aus?
Die beschriebene Ausrichtung auf die Lösung eines sozialen Problems ist zentral: Das kann von Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern bis zu Clean Energy eine ganze Bandbreite sein. Zweitens, ganz wichtig für mich: Social Business bedeutet nicht Charity, sondern Unternehmertum. Es wird mit unternehmerischen Methoden und Tools gearbeitet, um nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Und der dritte Punkt ist die Kombination dieser beiden Punkte: Wie kann ein Gründer den maximalen Social Impact generieren? Wo kann ein Gründer negative Auswirkungen, die es auch im Social Business geben kann, minimieren?
Wie hoch ist die Schnittmenge aus Menschen, die sich sozial engagieren wollen, aber gleichzeitig auch den Business-Gedanken in sich tragen?
Das ist von Land zu Land unterschiedlich ausgeprägt. In Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren viel getan, es gibt vermehrt Social Entrepreneure, aber es ist immer noch in einem Nischenbereich. Ein Nischenbereich jedoch, in dem es viel Support durch Inkubatoren, aber auch durch Businessplan-Wettbewerbe gibt.
Sie waren kürzlich als Mentor beim Social Entrepreneurship Event „Red Bull Amaphiko Connect the Alps“ dabei, haben dort eine kunterbunte Mischung an Social Startups gesehen – von Online-Plattformen bis zum nachhaltigen Kaugummi waren dort alle möglichen Ideen vertreten.
Ja, es ist wichtig, sich auch genau diese Bandbreite an Social Startups anzuschauen. Es geht eben nicht nur um die innovativsten, ausgefeiltesten Tech-Lösungen, sondern auch darum, mit klassischen Lösungen und klassischen Produkten in den Massenmarkt zu kommen und dort etwas zu verändern. Das kann von Plattformen für Spenden oder nachhaltige Übernachtungsangebote über ein Kaugummi bis zu einem Café theoretisch alles sein.
Beschreiben Sie doch einmal bitte: Wie könnte ein Social Business als Café aussehen?
Als Social Business könnte das Café unterschiedliche Schwerpunkte haben: Es könnte auf bessere Lebensbedingungen für Menschen in Kaffeeanbaugebieten achten, also dass faire Löhne gezahlt werden und gute Arbeitsbedingungen herrschen. Oder es könnte im Bereich Mikrofinanzierung aktiv sein. Der grundlegende Gedanke bei Social Businesses ist immer: Es geht um mehr als klassische Profitorientierung in einem Unternehmen, bei dem der Konsument dennoch ein gutes, qualitatives Produkt erhält.
Aber gerade große Kaffeehaus-Ketten schreiben sich oft auf die Fahne, dass ihr Kaffee nachhaltig und fair geerntet ist. Wo wäre dann der Unterschied zu einem Social Business?
Als Social-Business-Unternehmer kann man den Impact noch weiter und konsequenter erhöhen – etwa durch lokale Programme, wo vor Ort in Bildung oder in Infrastruktur investiert wird.
„Nur mit einer reinen Protesthaltung kommen wir nicht weit.“
Trinken Sie eigentlich bei all den großen Ketten dann noch Ihren Kaffee?
In dem Fall hat das eine persönliche Note, denn ich bin Kaffeeliebhaber und gehe eigentlich nur zu einigen ausgewählteren Cafés. Prinzipiell ist dieses „Aus Protest mache ich dies und das nicht mehr“ nur ein kleiner Teil der Lösung und vielleicht nicht einmal das, wenn es keine Alternativen gibt. Nur mit einer reinen Protesthaltung kommen wir nicht weit.
Womit würden wir denn weiterkommen?
Mit einem grundlegenden Umbau der Wirtschaft würden wir weiterkommen. Mit einem anderen Ansatz jenseits des klassischen Kapitalismus, wo es einfach um Profitmaximierung geht. Social Businesses auch in der Breite zu sehen wäre auf jeden Fall wünschenswert.
Günter Faltin sagte kürzlich bei uns in einem Interview: „Wir müssen mit weniger Wachstum und Konsum auskommen.“ Wenn ich das mit Ihrer Position vergleiche, sind Sie da schon ähnlich unterwegs, oder?
Ja und nein. Also auf der einen Seite: Wir müssten. Aber ich glaube auch nicht, dass es die Lösung ist, jedem vorzuschreiben, er oder sie müsse weniger konsumieren. Um drei Schritte weiterzudenken: Wir müssen das, was wir konsumieren, so umgebaut haben, dass der Konsum an sich gar nicht mehr schlecht ist.
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Wie meinen Sie das?
Ein Beispiel, jetzt weit in die Zukunft gedacht: Idealerweise haben wir in zehn, zwanzig Jahren Lösungen, in denen Autofahren per se nicht mehr schädlich ist, sondern noch die Luft reinigt. Genauso beim Fliegen: Entweder bringen wir alle dazu, weniger zu fliegen. Oder, besser: Wir kommen dahin, dass Fliegen an sich nicht mehr schädlich ist. Denn schauen Sie: Wir haben ein globales Bevölkerungswachstum, wir haben viele aufstrebende Länder – den Leuten unseren Wohlstand und Lebenswandel abzusprechen wird nicht funktionieren.
Aber für solche Lösungen ist Skalierbarkeit wichtig, zumindest in der normalen Startup-Welt. Wie sieht das für Social Businesses aus?
Da kommt es auf den Problembereich an. Es gibt Problembereiche, wo man besonders viel Skalierung haben sollte, weil es sich um ein sehr großes Problem handelt, bei dem eben auch nur die große Lösung funktioniert. Und es gibt andere Bereiche, wo die Skalierung nicht unbedingt das ultimative Ziel sein muss, weil es dann doch eher eine Nischenlösung ist.
„Der soziale Sektor hinkt hinterher, wenn es um die Digitalisierung geht.“
Sie haben ja noch N3XTCODER als eigenes Startup – geht es da um Skalierbarkeit?
Mit unserem Startup N3XTCODER wollen wir Technologie und Social Impact zusammenbringen. Uns geht es um die Frage: Wie können wir die innovativen Technologien nutzen, um die großen sozialen Herausforderungen unserer Zeit zu adaptieren? Denn: Der soziale Sektor hinkt hinterher, wenn es um die Digitalisierung geht. Auch mit Blick auf die Budgets. Und um damit auf Ihre Frage zu antworten: Wir müssen natürlich unsere Anstrengungen und Lösungsmöglichkeiten skalieren, um wirklich Impact zu generieren.
Werden Sie dann auch oft gefragt, ob Sie mit Ihrem technologischen Know-how kostenlos unterstützen können? Es ist ja für eine gute Sache.
Es passiert eher weniger, dass wir nach kostenlosen Leistungen gefragt werden, weil bekannt ist, dass wir als Sozialunternehmen auch Gebühren erheben und das unsere Art der Finanzierung ist. Eher gibt es unterschiedliche Vorstellungen davon, was mit dem kleinen Budget eigentlich machbar ist. Für die Zukunft wird es daher wichtig sein, mehr Synergien zu kreieren. Es gibt doch sehr viele Social Startups, die ähnliche Probleme adressieren. Aber fast jedes Social Business fängt dann doch wieder bei Null an. Hier Synergien zu schaffen, vielleicht durch Open-Source-Ansatz für innovative Tech-Lösungen mit Schwerpunkt Social Impact – das könnte spannend sein.
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Titelbild: pexels.com; Foto Leonhard Nima: Leonhard Nima