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Home-Office, Zoom und Unterricht von der Couch: Die COVID-Pandemie hat Deutschland und die Welt gezwungen, die Digitalisierung auf die Überholspur zu führen. Doch dafür brauchen die die Startups und Gründer, die diese Entwicklung seit Jahren antreiben, eine gründerfreundliche Umgebung in Deutschland.

Im Interview erklärt Andreas Haug, der Autor von „Deutschland, Startup!“, wie ein zukunftsfähiges Gründer-Deutschland aussehen kann.

Herr Haug, was ist das Besondere an den deutschen Gründern?

Gerade die jüngere Generation der Startup-Unternehmer legt einen besonderen Schwerpunkt auf nachhaltiges, sinnstiftendes Arbeiten. Viele Gründer suchen vor allem die große inhaltliche Herausforderung und weniger das schnelle Geld.
Sie arbeiten zunehmend an sehr innovativen und anspruchsvollen Technologielösungen, um globale Märkte zu erschließen, während sich viele Gründer der ersten ‚Digital Business‘-Welle oftmals noch darauf beschränkt haben, erfolgreiche Geschäftsmodelle aus den USA zu kopieren.
Deutsche Gründer verfügen meist über eine hohe Qualifikation, sind aber in der Tendenz risikoscheuer. Gelegentlich verlieren sie sich in ihren Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und vernachlässigen eine rigorose Marktorientierung. In puncto Kundenfokus, aggressivem Marketing und ‚Storytelling‘ sind ihnen beispielsweise amerikanische Gründer voraus.

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Warum gibt es in Deutschland bisher noch keine eigene Version des Silicon Valley?

Es ist in Deutschland bis dato nicht gelungen, ein funktionsfähiges und wirklich erfolgswirksames Ökosystem für technologiegetriebene Innovationen aufzubauen. Dazu wäre es erforderlich, einen engen Schulterschluss von etablierten Unternehmen, Politik oder staatlicher Unterstützung, Forschungs- und Bildungsinstitutionen und Kapitalgebern herzustellen. Das zeigen die Beispiele erfolgreicher Ökosysteme in den USA und Asien.
In Deutschland sind die Initiativen oft zu halbherzig, die Strukturen zu fragmentiert und es mangelt an Risikokapital. Überdies gibt es weder eine übergreifende Vision noch eine stringente Innovationsstrategie, die konsequent nach der Maxime whatever it takes umgesetzt wird.
Wir dürfen nicht vergessen: Das Silicon Valley hat seine Wurzeln in J.F. Kennedy’s ‘We choose to go to the Moon‘-Rede.

Foto Andreas Haug

Andreas Haug. Foto: Simon Hofmann

In ihrem Buch „Deutschland, Startup!“ fordern Sie aber einen ganz eigenen deutschen Startup-Pfad, abseits vom amerikanischen Turbokapitalismus. Wie kann dieser aussehen?

Ich bin grundsätzlich überzeugt, dass unser europäisches Werteverständnis und unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem weiterhin zentrale Erfolgsfaktoren in einer Welt sind, die von dramatischen Technologieentwicklungen und dynamischen Veränderungen geprägt sind. Wir sollten an einer „Neuen Sozialen Marktwirtschaft“ arbeiten und dies als Basis nehmen.
Allerdings müssen wir den digitalen Wandel annehmen, den Aufbruch wagen und lernen, groß zu denken.

Wir haben alle Voraussetzungen: Deutschland ist ein sehr attraktiver Standort, hat herausragende Unternehmer, unsere Forschung ist leistungsstark – wie zuletzt die Covid-19 Impfstoffentwicklung gezeigt hat -, unsere Politik handlungsfähig und wir haben große Kapitalvermögen.
Wir müssen aber unserer Kräfte bündeln, Barrieren abbauen und ein überlegenes Ökosystem als Innovationstreiber aufbauen, das die Rahmenbedingungen für unsere Gründer dramatisch verbessert. Es gilt, einen ‚unfair advantage‘ für Innovationstreiber zu etablieren.
Dazu gehört auch, dass wir als Gesellschaft innovations- und gründerfreundlicher werden: In Deutschland ist Scheitern noch verpönt und wirtschaftlicher Erfolg ruft Neid hervor. Das ist ein Dilemma, weil man keinen Spitzenplätze erreicht, wenn man auf „unentschieden“ spielt.

Zu wenig Mut – oder zu wenig Mittel? Welche Rolle spielt hier das Risikokapital?

Ausreichend Risikokapital ist die Voraussetzung dafür, dass man im Technologiebereich die Wette auf eine erfolgreiche Zukunft gewinnen kann. Die weltweit wertvollsten und erfolgreichsten Technologieunternehmen – die bedauerlicherweise nicht in Europa beheimatet sind, sondern in den USA oder Asien gegründet wurden – haben fast ausnahmslos während ihrer Start- und Wachstumsphase Venture Capital erhalten; und zwar in beträchtlicher Größenordnung.


Die Entwicklung disruptiver Innovationen ist extrem risikoreich, langwierig und meist kapitalintensiv. Klassische Finanzierungsinstrumente sind hierfür nicht geeignet und scheitern meist schon an den fehlenden Sicherheiten. In diesem Bereich können wir von den Amerikaner viel lernen; dort gilt die Maxime: ‚Ist die Chance groß genug, dürfen Ressourcen oder Kapital keinen Engpass darstellen‘.

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