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Facebook und Google in den USA, Baidu und Alibaba in China – die digitalen Superstarfirmen sitzen fernab von Europa. Wie lässt sich Europa wieder zur Heimat von Innovation machen und wie fördern wir erfolgreiches digitales Unternehmertum? Digitalrat-Mitglied und Oxford-Professor Viktor Mayer-Schönberger und Sachbuch-Autor Thomas Ramge schlagen in ihrem neuen Buch „Machtmaschinen“ vor, die bestehenden Superstarfirmen in die Pflicht zu nehmen. Nach dem Willen des Bestseller-Duos sollen sie ihre Daten anderen Unternehmen und Organisationen zur Verfügung stellen, um neue Innovationen zu ermöglichen – gerade in Europa.

Im Interview erklären Viktor Mayer-Schönberger und Thomas Ramge, warum der Datenschutz den Datennutz nicht ausschließt und Innovation heute an Daten hängt.

Herr Ramge, Herr Mayer-Schönberger, unser Kontinent liegt etwas verloren zwischen den digitalen Innovationshotspots in den USA und China. Warum hinkt Europa digital hinterher?

Ramge: Europa hinkt hinterher, weil zu viele Entscheider die Veränderungswucht der Digitalisierung unterschätzt haben. Das drückt sich unter anderem darin aus, dass es zu wenig Venture Capital gibt und Regulierungen schöpferischen Ideenreichtum insgesamt eher behindern als fördern.

Mayer-Schönberger: Exakt. Wir haben es in Europa bisher nicht geschafft, die passenden Rahmenbedingungen für Innovationen zu schaffen.

Ramge: Und zu einem gewissen Teil ist das auch eine Frage der Mentalität: Glauben wir, dass wir mit Technologie bessere Lösungen finden als jene, die wir bisher kennen? Die Antwort hierauf war lange eher ein Jein, kein überzeugtes Ja. Jetzt passiert in Europa ein – dringend nötiger – Stimmungswechsel.

Wie könnte Europa wieder innovativer werden?

Mayer-Schönberger: Indem wir den Unternehmen die Ressource zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen, um innovativ zu sein. Als sich der Nationalökonom Joseph Schumpeter vor fast 100 Jahren mit Innovation beschäftigt hat, war die wichtigste Ressource das Kapital. Jetzt sind es Daten. Wir müssen Unternehmen, aber auch NGOs und anderen gestaltenden Organisationen den Zugang zu möglichst vielen Daten ermöglichen. Das schließt auch den Zugriff auf die Daten anderer Unternehmen ein.

Ein erster Einwand vieler zu dieser Idee wäre sicherlich: Und was ist mit dem Datenschutz?

Mayer-Schönberger: Natürlich müssen wir personenbezogene Daten der Betroffenen schützen. Aber die meisten Daten, die heute gesammelt werden, haben keinen Personenbezug, sondern sind sogenannte Sachdaten. Und viele personenbezogene Daten können zu Sachdaten umgewandelt werden.

Okay, zweiter Einwand: Wie ließe sich dafür sorgen, dass Unternehmen ihre Daten teilen?

Ramge: Indem man sie dazu zwingt. Und dafür bräuchte es eigentlich nur die Ergänzung der Datenschutz-Grundverordnung, sodass aus ihr eine Datennutz-Grundverordnung wird.

Mayer-Schönberger: Wir verpflichten große Unternehmen ja auch, ihre Daten an die Börsenaufsicht zu geben oder Umweltinformationen öffentlich zu machen. Verpflichten wir doch große Unternehmen endlich auch, ihre Daten anderen zugänglich zu machen. Es geht nicht an, dass große Unternehmen ihrer Verantwortung im Datenzeitalter nicht nachkommen – und Daten mit der Gesellschaft zu teilen und so Innovation zu ermöglichen, das wäre verantwortungsvoll!

Und wer würde von geteilten Daten denn profitieren?

Mayer-Schönberger: Startups, die kleinen und kreativen Unternehmen, jene Unternehmen des deutschen Mittelstandes. Sie beflügeln wir, ihnen helfen wir, endlich ihr Potenzial umzusetzen, indem sie ihre Ideen mit den nötigen Daten verbinden. So werden neue Produkte und Dienstleistungen geschaffen, die Europa voranbringen.

Ramge: Und darüber hinaus: Wir alle profitieren. Wir alle, die wir daran glauben, dass man aus dem Teilen von Wissen bessere Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit hervorbringen kann. Und an Herausforderungen mangelt es uns derzeit ganz sicher nicht.

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