Chris Gall, Stefan Peters und eine Königin zeigen uns im Februar, was im wahrsten Sinne des Wortes neue Spiel-Räume sind.
Ungewöhnlich ruhiger Jazz: „Room of Silence“ von Chris Gall
Es war der Wunsch nach mehr Ruhe und Achtsamkeit, der Chris Gall zu seinem zweiten Soloalbum inspirierte. „So viele Menschen in der Welt schreien schon laut um sich… Also spiel ich mal etwas ruhiger, dachte ich mir“, erklärt der Pianist im Interview. Es sollte nicht nur für ihn eine Entdeckungsreise werden. Genussvoll lehnt man sich auch als Hörer zurück und versinkt tief in den Klang der wenigen und leisen Tönen. Es fällt leicht, sich davontragen zu lassen. Ob im besagten „Room of Silence“, bei den vier großartigen interpretierten Coverversionen, eingespielt auf einem sehr alten, antiken Klavier oder den von Filmen und Musikerkollegen inspirierten, fantasievollen Stücken wie „The Puppeteer“ oder „Another Love Song“. Chris Gall lädt ein, der Welt draußen eine Pause zu erteilen und sich einfach einmal genüsslich der Musik hinzugeben.
Chris Gall
Room of Silence
GLM Music 2018
Ungewöhnlicher Milieu-Krimi: „Strenge Rechnung“ von Stefan Peters
Arbeitsvermittlung? Jobberater? Wie langweilig! Denkt man. So ist es aber nicht, wenn man Michael Bogner heißt, im schäbigen 15. Wiener Bezirk arbeitet und so langsam feststellen muss, dass hinter den Kulissen irgendetwas nicht stimmt. Plötzlich müssen immer zwei Klienten gleichzeitig beraten werden, Büros werden zusammengelegt und die halbe Etage verschwindet von heute auf morgen hinter einer eilends eingezogenen Wand. Bald kann auch Bogners Vorgesetzte die Veränderungen nicht mehr schönreden, zumal plötzlich Wörter wie „Fördergelder“ und „Unterschlagung“ im Raume stehen. Als schließlich die Leiter verschiedener Jobberatungsinstitute nacheinander sterben, wird es ungemütlich. Bogner muss handeln, nur wie, weiß er nicht. Stefan Peters gelingt das Kunststück, ein an sich eher langweiliges Milieu zu einem spannenden Pflaster zu machen. Jenseits der Touristenfolklore lernen wir ein Stück beinhartes Wien kennen, das vor allem durch eine gesunde Portion Lokalkolorit besticht. Und am Ende? Ist irgendwie alles geklärt aber nichts gelöst.
Stefan Peters
Strenge Rechnung
Picus Verlag, Wien 2018
Ungewöhnliche Frauenbeziehungen: „The Favourite – Intrigen und Irrsinn“
Es ist das Jahr 1707. Der spanische Erbfolgekrieg tobt. Auf dem englischen Thron sitzt Queen Anne. Doch die Königin ist gebrechlich und labil. Gicht und der Verlust von 17 Kindern haben sie an den Rand ihrer Kräfte gebracht. Und während England gegen Frankreich kämpft und im Parlament um die Gelder für die Schlachten gefochten wird, buhlen am Hofe zwei Frauen um die Gunst der Königin. Die eine, Sarah Churchill, Herzogin von Marlborough, besitzt so viel Einfluss, dass eigentlich sie die Staatsgeschäfte führt. Die andere, Abigail Masham, ist ihre verarmte Kusine, die bei Hofe als Dienstmädchen anfängt und nur eines anstrebt: Ihre gesellschaftliche Position wieder herstellen. Es entbrennt ein erbitterter Kampf zwischen den beiden Frauen, der auch im Bett der Königin weitergeführt wird. Selten hat man so viel Bösartigkeit hinter freundlichen Worten und einem Lächeln gesehen. Mimik sagt mehr als tausend Worte, aber die sind messerscharf. Olivia Colman (Queen Anne), Rachel Weisz (Sarah Churchill) und Emma Stone (Abigail Masham) zeigen höchste Schauspielkunst. Die opulente Ausstattung gibt uns den Rest: So haben wir Dekadenz und Machtspiele bei Hofe noch nie gesehen.
The Favourite – Intrigen und Irrsinn
seit 24. Januar 2019 im Kino
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