Wir sind kürzlich mit unserem Verlagsarchiv umgezogen – circa 100 Kartons mit Büchern, die nun ein neues Zuhause finden. Und dort sortiert werden sollen. Händisch. Was nun viel Zeit, Sortierarbeit und Schweiß erfordert, hätte ein »Ein System, das ohne viel Aufwand Bücher sortiert« vermutlich schnell erledigt. Und uns viel Muskelkraft erspart. Der Haken an der Sache: Die Idee hatten wir keinesfalls vor unserem Umzug, sondern stammt aus dem »Future Flip-Book« von Bernd Ebersberger, das den Innovationsprozess vom Kopf auf die Füße stellt.
»Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel«
In vielen Organisationen beginnen Innovationsprozesse traditionell mit der Frage, welches Problem – in unserem Fall die Bücherkisten im Keller – gelöst werden soll. Erst dann denken wir über die Funktionen der Innovation nach und werden wirklich kreativ. Die Gefahr: Wir packen den Hammer aus, »Maslows Hammer« – besser bekannt als der Aphorismus »Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel«. Woran liegt das? Es ist empirisch erwiesen, dass Menschen, die mit einem Werkzeug oder einer Strategie gut vertraut sind, dazu neigen, das Werkzeug auch dann zu benutzen, wenn ein anderes Werkzeug eigentlich besser geeignet wäre. Die sogenannte »funktionale Gebundenheit« führt dazu, dass wir eher auf Bewährtes zurückgreifen, statt neue Wege zu gehen.
Future Flip-Book sticht unsere funktionale Gebundenheit
Und genau hier setzt das »Future Flip-Book« an. Es erzeugt über 5 Millionen zufällige Innovationsideen – und regt so unsere Kreativität an und lässt uns über Lösungen nachdenken, die wir im Lichte von »Maslows Hammer« vermutlich übersehen hätten. Unser Autor und Zufälligkeitsexperte Christian Busch trifft diesbezüglich den nun aber im besten Sinne Nagel auf den Kopf: »Wenn man keine Ahnung von einer bestimmten Lösung, Methode oder einem System hat, muss man keine Vorurteile verlernen und ist frei, ohne die Zwänge des starren Denkens innovativ zu sein.«
Zöpfe ab
Diese funktionale Gebundenheit beobachte ich selbst immer wieder. Man verliert sich im »Herumdoktern« an bestehenden Problemen und Herausforderungen – die manchmal aber so systemisch sind, dass sie nur durch radikales Abschneiden alter Zöpfe gelöst werden können. Und genau für diese radikalen Innovationen ist das »Future Flip-Book« das optimale Tool, das ich jetzt aufflippe, um es zu befragen, wie wir uns auf einen möglichen nächsten Archiv-Umzug einstellen sollten. Wehe das Flip-Ergebnis lautet “ein Verlagsarchiv ohne gedruckte Bücher”, dann bin ich raus. Oder sollte ich weiterblättern, bis ein Innovationsvorschlag kommt, den ich umzusetzen geneigt bin?
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