Müsli oder Brötchen? Kaffee oder Tee? Die meisten unserer Entscheidungen, das weiß Krisenmanager Rüdiger Fox, treffen wir komplett automatisch. Im Interview erläutert der Autor vom neuen Buch „Der 0,1-Prozent Joker“, wie wir im entscheidenden Moment umschalten und ob wir mit Spielen tatsächlich die Welt retten werden.
Herr Fox, Ihr neues Buch trägt den Titel „Der 0,1-Prozent Joker“ – das klingt ja nach keinen guten Chancen auf Erfolg?
In der Tat erscheint es auf den ersten Blick frustrierend, dass wir die meiste Zeit von einem evolutionären Autopiloten gesteuert werden, um unsere sehr begrenzten rationalen Ressourcen im Gehirn zu schonen.
Berücksichtigt man allerdings, dass wir jeden Tag rund 20.000 große und kleine Entscheidungen treffen müssen, so sind 0,1 Prozent immerhin rund zwanzig Chancen täglich, an denen wir einen Joker einsetzen können. Wenn wir diese Situationen bewusst auswählen und den Mut haben, dann auch die richtigen Entscheidungen für uns zu wählen und konsequent umzusetzen, kann bereits eine einzige von ihnen lebensverändernd sein.
Eine Kernidee Ihres Buchs sind die Joker: Ausgewählte Rollen, die uns in komplizierten Lebenslagen aushelfen. Wie kamen Sie auf diese Figuren?
Grundsätzlich hat es mich schon immer fasziniert, welche zusätzlichen Optionen aufgehen, wenn ich herausfordernde Situationen so im Kopf uminterpretiere, als ob es sich um eine Spielsituation handelt. Und erlebt, welche unerwarteten Entwicklungen und ungeahnte Chancen daraus entstehen können. Für das Buch habe ich diesen abstrakten Effekt in Form der Joker personifiziert, weil er dann leichter vorstellbar wird. Und man Joker dadurch schneller in der Vorstellung zum Leben erwecken kann. Das macht es leichter, es gleich einmal auszuprobieren.
Sie sagen, dass wir alle heutzutage zu selten spielen. Warum ist Spielen so wertvoll?
Wenn wir Situationen allzu ernst nehmen, dann neigen wir dazu, verbissen nach der „richtigen“ Lösung zu suchen – und haben gleichzeitig Angst, uns für einen falschen Schritt zu entscheiden. Das hat in einer alten Welt Sinn gemacht, in der wir aus der Vergangenheit Erfahrung damit hatten, welche Folgen aus unseren Entscheidungen entstehen. In einer VUKA-Welt, in der immer mehr Entwicklungen schlicht unvorhersehbar sind, wird dieses Streben allerdings unglaublich stressig und beschränkt uns gleichzeitig in unserer Vorstellung, welche neuen Wege zum Ziel führen können. Im Spiel bekommen wir wieder den Mut und die Phantasie, kreative Nebenwege auszuprobieren, anstatt auf der mentalen Autobahn im Stau zu stehen.
»In jedem Fall hat das Spiel den Vorteil, dass wir nicht ständig das Gefühl haben, etwas tun zu müssen.«
…aber können wir wirklich spielend die Welt retten?
Na ja, ernsthaft waren wir zumindest bisher damit nicht besonders erfolgreich. In jedem Fall hat das Spiel den Vorteil, dass wir nicht ständig das Gefühl haben, etwas tun zu müssen. Auf ein Spiel lassen wir uns freiwillig ein, das macht es viel leichter, nicht ständig über irgendwelche Regeln zu jammern, sondern uns auf das Spiel selbst zu konzentrieren und zu schauen, wie wir am schnellsten ans Ziel kommen. Dadurch wird nicht nur mehr Kreativität für Lösungen freigesetzt, sondern es kann darüber hinaus auch wirklich Spaß machen.
Welcher Joker hilft einem eigentlich am besten in einem Interview?
Nun, das hängt ein wenig davon ab, auf welcher Seite des Mikrofons man sitzt. Beim Fragen stellen wäre vermutlich Forscher:in ein guter Anfang. Beim Antworten kann man wunderbar variieren – hier bietet sich zum Beispiel Schauspieler:in, Avantgardis:in oder natürlich Hofnarr oder Hofnärrin an. Aber auch Pokerspieler:in hat seinen Reiz.
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Foto: Alexas_Fotos auf pixabay