Kann jeder Mensch joggen? Klar. Manche schneller, andere langsamer. Der Arzt sagte: „Ein Ironman ist für dich medizinisch unmöglich.“ Das spornte Christian Troger an. Mit viel Training ist er dreifacher Weltmeister und fünffacher Europameister geworden. Seit seiner Geburt fehlen ihm ein Bein und eine Hüftpfanne. Er wollte, übte und kämpfte. Warum sollte das bei Ideenfitness anders sein? Es beginnt mit Wollen und Üben. Niemand meldet sich nach dem ersten Mal Joggen zum Marathon an. Aber im Meeting wird spontan gebrainstormt. Wie soll das gehen? Ohne Übung, ohne Zutaten und ohne Zeit zum Reifen? Welche Mannschaft geht untrainiert aufs Spielfeld und erwartet einen haushohen Sieg? Aber Ideen werden mal so nebenbei aus dem Ärmel geschüttelt? Das ist Hochmut oder Dilettantismus.
Jeder Mensch kann das Rocken von Ideen wie ein Handwerk üben. Drei Mal pro Woche 30 Minuten oder täglich zehn Minuten, an jeder roten Ampel und im Stau. Mit der Zeit merkt man, ob man eher eine kreativ-spinnende Rampensau oder ein analytisch-bohrender Perfektionist ist. Zum Glück brauchen Ideen beides: A & O – Analyse & Offenheit. Klare Aufgaben & vielfältige Optionen. Expertise & Neugier. Gradlinige Disziplin & unendlich weite, chaotische Vorstellungskraft. Spinnen & umsetzen. Der Mix macht’s.
Das Trainingsprogramm:
44 Fragen.
Stellen Sie bei jeder Gelegenheit 44 Fragen. An roten Ampeln, in Warteschlangen oder im verspäteten Zug. Stellen Sie alles in Frage. Könnten Ärzte zukünftig zuhause operieren mit lebendiger Haut und Herzen aus dem 3D-Drucker? Warum sind Supermärkte thematisch sortiert aber Berufe nach A-Z? Sind Mandeln neben der Milch und Zimt bei Zitronen sinnvoll? Oder sollte Berufswahl umgedreht und wie ein Supermarkt organisiert werden? Nur was infrage gestellt wird, bietet Raum für neue Lösungen.
Überraschungen.
Was nicht überrascht, ist nicht neu. Wir lachen über Witze, wenn die Pointe überrascht. Kreativität heißt, weiter ins Unbekannte vorzudringen als alle Menschen zuvor. Entdecker-Freude führt an Orte, wo noch niemand war. Ideenfitness führt über die Grenzen des Bekannten. Dabei helfen Staunen, Lachen und Humor, denn Ideen-Entwicklung sollte keine bierernste Geschichte sein, sonst hat das Glück keine Lust mitzuspielen.
Zutaten sammeln.
Ideen sind neue Kombinationen aus bekannten Elementen. Salz + Streuer wurde 1893 als Patent angemeldet und hat das offene Salzschiffchen abgelöst. Mehl + Mehl ist hingegen langweilig. Sie brauchen Zutaten, die nie gemixt wurden. Mett + Schokolade ist neu. Knoblauch + Speiseeis ist nicht neu. Sensoren + Altenpflege ist neu. Was haben Sie in Ihrer Vorratskammer? Welche Gespräche, Technologien und Erfahrungen? Was lesen Sie? Was hören Sie? Was beobachten Sie? Was regt Sie auf? Ideen brauchen Absurdes, scheinbar Unpassendes und Fremdes als Zutaten.
Zutaten mixen.
Sind die Zutaten gesammelt, wird gemixt. Diesen kreativen Prozess nennen viele Brainstorming. Neues ist keine Zauberei, sondern solides Handwerk: mixen, probieren, mixen, probieren, mixen, probieren. Ideen brauchen hunderte Anläufe mit Handwerkszeug: steigern, umdrehen, brechen, verkleinern, ersetzen, reduzieren, streichen, infrage stellen, vertiefen, vergrößern, entdecken, Regeln ändern, kombinieren, Nutzen erhöhen, übertragen, provozieren, Fehler machen und träumen. Diese 18 Grundprinzipien prägen jede Innovation.
Schwur der Spinner.
Sprechen Sie mit voller Überzeugung: „Ich schwöre, dass ich grenzenlos spinne, dass ich alles für möglich halte, und sollte ich destruktive Kritik äußern, so soll mir eine rote Knollennase wachsen.“ Haben alle Beteiligten den Schwur gesprochen, trauen sie sich bei Kritik auch dem Vorstand die rote Nase zu geben. Alle lachen, die Kritik wird entkräftet und der Ideenfluss kann fortgesetzt werden.
Kritik hat Hausverbot.
Wer Schmetterlinge will, darf auf Raupen nicht treten. Wenn zu früh Kritik geäußert wird, ist die Idee tot. Die erste Idee ist nie die Beste. Die meisten Ideen sind Sprungbretter zur nächstbesseren Idee. Das A muss sich beim Mixen gedulden, während O spinnt.
Schnelle Prototypen.
Es gibt keine perfekten Ideen. Lassen Sie Menschen testen. Bitte raten Sie nicht, sondern fragen Sie Unbeteiligte. Dazu werden Prototypen gebaut und Pilotprojekte getestet. Schnelles, kreatives Ausprobieren mit vorhandenen Mitteln. In Worten lässt sind Neues sehr schlecht transportieren, denn Worte sind ein Teil des Status quo. Ideen zu erleben und zu schmecken, bringt immer eine Resonanz.
Drehbuch.
Zu den Prototypen erzählen Sie Geschichten mit Bildern und Erlebnissen. Dazu schreiben Sie Drehbücher. Planen Sie Gespräche und Präsentationen im Detail. Die besten Szenen setzen Sie um. Wird die Resonanz gefilmt, haben Sie den ersten Proof of Concept. Auf der Basis können Sie neue Zutaten suchen, neu mixen und probieren, bis es schmeckt.
Durchhaltevermögen.
Alle Innovationen, die sich durchgesetzt haben, vereint die Ausdauer der Macher, die einen Schritt mehr wagen als alle anderen.
Viel Freude beim Ideenfitness-Training. Wenn es scheinbar nicht geht, freuen Sie sich. Nur wer an Grenzen stößt, kann diese überschreiten. Viele Unternehmen wollen innovativ sein, ohne den Status quo infrage zu stellen. Doch ohne regelbrechende Querdenker, ohne absurde Zutaten und ohne Zeit zum Reifen, fehlen Nährboden und Saat. Alles, was wir im Alltag selbstverständlich nutzen, ging mal nicht. Bis ein Mensch die Idee gerockt hat.
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