Die Digitalisierung hat tiefgreifende Auswirkungen auf Organisationsstrukturen und die Entscheidungsfindung in Unternehmen. Um langfristig erfolgreich zu bleiben, ist daher ein Perspektivwechsel vonnöten – und der gelingt bei vielen erfolgreichen Unternehmen mit externen Daten.
Kodak und Blackberry hätten externe Daten helfen können
Moderne Software-Tools erlauben es Unternehmen schon seit Jahren, eine Vielzahl von Daten zu erheben und auf deren Grundlage Maßnahmen zu planen und Entscheidungen zu treffen. Häufig stützen Entscheider ihre Planungen aber immer noch auf interne Daten, beispielsweise Bilanzen, und schauen nicht über den Tellerrand hinaus. Dabei ist es gerade dieser Tunnelblick, der etablierte Unternehmen zu folgeschweren Fehlentscheidungen führen kann.
Beispiele hierfür finden sich viele. Man denke nur an Kodaks Entschluss, sich weiterhin auf analoge Fotografie zu konzentrieren oder Blackberrys langes Beharren auf klassische Keyboards statt Touchdisplays. Gravierende Fehler, die vermeidbar gewesen wären, hätten die Verantwortlichen externe Daten berücksichtig. Diese hatten bereits damals einen klaren Wandel von analoger zu digitaler Fotografie bzw. hin zu Touch-Steuerung angedeutet.
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Branchenblick statt Tunnelblick
Unternehmen durch eine aussagekräftige Auswertung relevanter Internetdaten vor solcherlei Fehlentscheidungen zu bewahren, war eines der Ziele von Gard Haugen und mir, als wir 2001 Meltwater gründeten. Grundlage war es von Anfang an, eingefahrene Prozesse zu überdenken und die Entscheidungsfindung an die digitale Realität anzupassen. Daher habe ich das Outside-Insight-Modell entwickelt, das es Geschäftsführern und Managern ermöglicht, Änderungen in der Wettbewerbslandschaft kontinuierlich und in Echtzeit zu erfassen.
Hierfür ist ein Perspektivwechsel von der Mikro- zur Makroebene notwendig. Der Schwerpunkt der Analyse liegt nicht mehr nur auf dem eigenen Unternehmen, sondern auf der kompletten Branche. So können Veränderungen in der Wettbewerbslandschaft frühzeitiger erkannt und adressiert werden. Dementsprechend werden externe statt interne Daten zur Analyse herangezogen, die aus dem Internet, beispielsweise von den sozialen Netzwerken, stammen. Diese werden in Echtzeit erfasst und ermöglichen es dadurch, die Bedürfnisse der Zielgruppe und des Marktes permanent identifizieren zu können und auf Veränderungen und unvorhersehbare Ereignisse schnell zu reagieren. Dabei kann es sich etwa um Shitstorms, Umweltkatastrophen oder politische wie gesellschaftliche Umwälzungen handeln, zum Beispiel die Fridays-for-Future-Bewegung.
Outside Insight ist das Gegenteil vom Fünf-Jahres-Masterplan
Mit dieser proaktiven Vorgehensweise können sich Unternehmen als zeitgemäß und flexibel positionieren. Der darunter liegende Prozess ist agil, der Fokus liegt stärker auf der Zukunftsprognose als auf der Vergangenheitsbetrachtung.
Das Outside-Insight-Modell, wie ich es auch in meinem gleichnamigen Buch beschreibe, erfordert zwar einen Abschied von statischen Fünf-Jahres-Masterplänen und der Fixierung auf historische Betriebsdaten, bedeutet aber keineswegs ein orientierungsloses Umherrudern. Auch ihm unterliegt nach wie vor ein strategischer Plan, der aber auf Basis externer Daten kontinuierlich optimiert wird.
Wie gewinnbringend dieser Ansatz sein kann, zeigt das Beispiel Instagram. Ursprünglich hatten die beiden Gründer Kevin Systrom und Mike Krieger eine App namens Burbn entwickelt, mit der User ihren aktuellen Standort mit Freunden teilen konnten. Das Konzept ging jedoch nicht auf, statt ihren Standort zu teilen, veröffentlichten die Nutzer lieber ihre Fotos. Eine Marktbeobachtung anderer Anbieter ergab schließlich, dass eine Marktlücke für ein fotobasiertes soziales Netzwerk bestand. Daraufhin entwickelten Systrom und Krieger Instagram, ein App-basiertes soziales Netzwerk, das es seinen Nutzern ermöglichte, Bilder zu fotografieren, mit Filtern zu bearbeiten und mit drei Klicks zu veröffentlichen.
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Der Siegeszug von Instagram
Bereits zwei Monate nach Start verfügte Instagram über mehr als eine Million Mitglieder. Tendenz steigend. Der Erfolg blieb nicht unbemerkt. So wurde auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg auf die neue Plattform aufmerksam. Zwar machte Instagram zu dieser Zeit noch keinerlei Gewinne, war aber auf dem mobilen Markt sehr erfolgreich. Facebook hatte hingegen schon fast eine Milliarde Mitglieder, schwächelte jedoch auf dem mobilen Markt. Für Zuckerberg schien die Entscheidung klar: eineinhalb Jahre nach Gründung übernahm Facebook Instagram für den damaligen Rekordpreis von einer Milliarde Dollar.
Anfangs erntete Zuckerberg für seine Entscheidung jede Menge Kritik. Der Übernahmepreis schien überteuert, es gab keine Pläne zur Monetarisierung und die Mitgliederzahl mit 27 Millionen relativ überschaubar. Sein proaktives Vorgehen sollte sich jedoch auszahlen: Inzwischen verfügt Instagram über mehr als eine Milliarde User und hat im letzten Jahr allein in den USA mit digitaler Werbung einen Umsatz von mehr als sechs Milliarden Dollar erzielt.
Ein Beispiel, das zeigt, wie externe Daten zur effektiven Unternehmensplanung genutzt werden können.
Titelbild: pexels.com