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Gewinnmaximierung sollte nicht das einzige sein, worum es Unternehmen geht. Ihrer Verantwortung müssen sie sich auch bewusst sein – und die reicht vom eigenen Mitarbeiter bis zur Umwelt. Das ist der Grundgedanke hinter CSR, also Corporate Social Responsibility. Einer, der sich damit auskennt, ist Dennis Lotter. Er ist Professor an der Hochschule Fresenius in Idstein und bereitet dort die Führungskräfte von morgen auf nachhaltiges Wirtschaften vor. Gemeinsam mit Jerome Braun hat er zudem „Der CSR-Manager – Unternehmensverantwortung in der Praxis“ (Altop Verlag) geschrieben.

In unserem Interview spricht Dennis Lotter über Pflicht und Kür in der CSR und erklärt, warum Henkel als Best-Practice-Beispiel taugt.

Herr Lotter, CSR, also Corporate Social Responsibility, ist einer dieser Begriffe, die man oft hört, aber den jeder unterschiedlich mit Inhalt füllt. Was bedeutet CSR für Sie?

CSR wird sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft breit diskutiert, es gibt nicht die eine Definition. Aber gemeinhin versteht man Unternehmen als ressourcenabhängige Systeme, das heißt: Es gibt unterschiedliche Interessengruppen, die im Rahmen des Wertschöpfungsprozesses dabei helfen, dass wir Produkte, Dienstleistungen und Wertschöpfung erzeugen können. Wenn ich in diesem Prozess jedoch eine Ressource übernutze, dann ist die Frage: Was kann ich tun, um diese Übernutzung auszugleichen?

Da kommt dann die Responsibility, also Verantwortung, ins Spiel.

Genau. Denn wenn ich eine Ressource übernutze, Mitarbeiter etwa Burn-out haben, gefährde ich im Grunde genommen die Ressourcen-Basis, von der ich auch morgen noch leben möchte. Da gibt es ein ganz einfaches Sprichwort: Wer morgen Milch haben will, darf die Kuh nicht schlachten. Um also dafür zu sorgen, dass die Ressourcensysteme nachhaltig funktionieren, leistet man einen Mehr-Beitrag, etwa ökologisch oder sozial. Das ist für mich die erste Rangordnung der CSR, das wichtigste.

Und die zweite, nachgelagerte?

Darüber hinaus kann man diskutieren, ob ein Unternehmen auch eine gesellschaftliche Verantwortung hat, die außerhalb des Wertschöpfungsprozesses liegt, es also einen solidarischen Beitrag leistet, um gesellschaftliche Probleme zu lösen. Aber seine eigenen Wertschöpfungsprozesse ohne Rücksicht auf Verluste weiterlaufen zu lassen und dann den Gewinn an irgendwelche sozialen und gesellschaftlichen Projekte zu verteilen, das ist nicht das zentrale Verständnis einer CSR, sondern hat einen Ablass-Charakter. Wenn Sie so wollen: Die eigene Wertschöpfungskette nachhaltig zu durchdenken ist Pflicht, alles andere ist Kür.

Und welcher der beiden CSR-Ebenen widmen sich die Unternehmen eher?

Sehr häufig beobachten wir, dass Unternehmen viel Energie in die Kür und wenig in die Pflicht legen, weil die Pflicht anstrengender ist und mehr in die Substanz geht. Denn es geht im Grunde genommen darum, dass ich mich als Unternehmen ethisch selbst binde. Dass ich die Existenzsicherung von meinem Unternehmen sowie allen Interessengruppen, von denen ich auch abhängig bin, und meinen betriebswirtschaftlichen Erfolg in Einklang bringe. Dieses „und“ ist ganz entscheidend.

In Ihrem Buch schreiben Sie, dass CSR-Management eine Führungsaufgabe sei. Was macht denn einen guten CSR-Manager aus – sollte er oder sie dann gar nicht mit Finanzen betraut sein und eher einen sozialen Hintergrund haben?

Nein, gar nicht. Ein CSR-Manager muss auch die ökonomische Sprache sprechen und sie verstehen, immerhin geht es auch um die Eigeninteressen von Unternehmen, um Effizienz- und Substanzerhalt. Ich halte nichts davon, Utopisten auszubilden, die nur in einer Sozialromantik schweben.

 Gibt es denn ein Best-Practice-Beispiel für eine besonders gelungene CSR-Arbeit?

Henkel ist so ein Beispiel. Dort gelingt es sehr gut, Innovation, Effizienz und auch betriebswirtschaftlichen Erfolg unter ethischen Maßstäben und anhand von ethischen Grundsätzen zu realisieren und umzusetzen. Das beinhaltet etwa auch die Produktentwicklung, da müssen bei neuen Produkten Fortschritte in definierten Fokusfeldern erkennbar sein. Das ist, wie ich eben beschrieben habe, der Pflichtteil der CSR. Die Kür realisieren sie dann mit Henkel Smile.

Henkel ist aber ein großes und bekanntes Unternehmen. Wie funktioniert CSR in kleineren Unternehmen, wo dockt man das Thema am besten an?

CSR sollte in die Wertephilosophie und die Unternehmenskultur internalisiert werden – das ist nichts, was man mal an eine Abteilung delegieren sollte. Jedem Mitarbeiter, vom Empfang bis hin zum Top-Manager, sollte CSR in Fleisch und Blut übergehen und Berücksichtigung im täglichen Handeln finden – das wäre das Ideal. Um diesen kulturellen Wandel auch steuern und navigieren zu können, ist es aber schon ratsam, einen Verantwortlichen zu haben, aber es darf eben kein Einzelkämpfer sein.

Und woher weiß ein Unternehmen, ob die CSR-Strategie erfolgreich und nachhaltig ist?

Erfolg ist ein weiter Begriff und abhängig von der Definition. Das Wichtigste ist, dass ein Unternehmen in eine Entwicklungs- und Lernkultur kommt – und da ist der Weg fast wichtiger als das Ziel. Denn CSR klappt nicht schnell nebenbei und liefert in einem Jahr das gewünschte messbare Ergebnis. Das sind alles längere Prozesse für ein Unternehmen, dafür braucht es ein paar Jahre.

Wo und wie startet ein Unternehmen dann am besten mit seiner CSR-Strategie?

Ein erster Schritt ist eine kritische Betrachtung des Geschäftsmodells, dessen Prozessen und Auswirkungen. Der zweite Schritt, basierend auf dieser Situationsanalyse, ist dann eine Roadmap mit klaren, priorisierten Zielen. Wichtig ist, die Frage nach dem „Warum“ zu beantworten – denn dieser „reason why“ ist, was das Unternehmen und die Mitarbeiter brauchen. Damit schafft ein Unternehmen Substanz für ihre CSR – und keine Greenwashing-Nebelkerzen.

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