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2019 geht zu Ende, was bleibt nach so einem turbulenten Jahr? In jedem Fall die (Print)-Bücher, die dieses Jahr erschienen sind und nun ins Bücherregal wandern, wo sie sich in bester Gesellschaft der bereits vorgestellten Sommer-Buch-Empfehlungen befinden. Den visuellen Jahresrückblick erweitern in diesem Jahr „Gespräche mit Freunden“ von Sally Rooney  (Luchterhand), „Schlaflos im Shitstorm“ von Julia Jorch (C. H. Beck) und „Das Leben ist eins der Härtesten“ von Giulia Becker (Rowohlt).

Rezension zu Sally Rooney: „Gespräche mit Freunden

An Beschreibungen der Generation Y mangelt es nicht. Andere, etwa die Baby Boomer, nähern sich immer und immer wieder von außen, die Y´s selbst betreiben extensive Nabelschau. Dennoch stoßen ausgewählte Wortmeldungen nach wie vor auf medialen Widerhall, wie in diesem Jahr „Gespräche mit Freunden“ von Sally Rooney. Rooney, Jahrgang 1991, aufgewachsen in Irland, hat für ihr Schreiben und Schaffen bereits zahlreiche Würdigungen erhalten. Und tatsächlich ist „Gespräche mit Freunden“ eines dieser Bücher, das einen mitnimmt, nicht loslässt, an dessen Verlauf man als Leser ein wirkliches Interesse entwickelt. Dabei ist die Ausgangslage schnell erzählt: Frances und ihre Ex-Freundin Bobbi, beide künstlerisch aktiv und Teil der Dubliner Spoken-Word-Szene, lernen das Ehepaar Melissa und Nick kennen. Gut zehn Jahre älter scheinen die beiden sattelfest im Leben zu stehen, reifer und weiter zu sein als Frances und Bobbi.

Schnell geht es um Nähe und Distanz zwischen den vieren, um das Spiel mit der Faszination und Emotion füreinander. Fragen und Gemengelagen also, deren Verhandlung nie alt werden und auch in der Generation Y immer wieder aufs Neue verhandelt werden, wenn auch unter medial neu vernetzten Vorzeichen. Sally Rooney verknüpft die Stränge in „Gespräche mit Freunden“ zu einer elegant-komplizierten Erzählung, die zeigt, wie vielschichtig zwischenmenschliche Beziehungen sein können.

Rezension zu Julia Jorch: „Schlaflos im Shitstorm

Wer den Politikbetrieb verstehen will, kann Politiker bitten, ihn zu erklären – immerhin sind die mittendrin. Oder man fragt Politikjournalisten – immerhin schauen die mit einer Mischung aus nötiger Nähe und professioneller Distanz auf das Spielfeld der Macht. Oder aber man hört Menschen zu, die zwar „in der Politik“ arbeiten, aber nicht in der ersten Reihe stehen – so wie Julia Jorch. Sie hat in der Pressestelle des Bundesvorstands von Bündnis 90/Die Grünen gearbeitet und mit „Schlaflos im Shitstorm“ einen – wie der Untertitel verrät – „etwas anderen Insiderbericht aus der Welt der Politik“ veröffentlicht. „Etwas anders“, weil der Insiderbericht eher humorig als staubtrocken ist, eher Verständnis für die Herausforderungen im Politikbetrieb erweckt als skandalisiert. Jorch zeigt, wie anstrengend es ist, Politiker zu sein: voller Terminkalender, hartnäckige Pressenachfragen, dauerndes Medieninteresse, ständiger Wahlkampf.

Von all dem erzählt Jorch mittels kleiner Anekdoten. Mit Claudia Roth unterwegs im Nordirak, mit Cem Özdemir im NRW-Wahlkampf und zwischendurch ein kurzer Einblick in die Aufgaben von Partei-Pressestellen und ihrem Zusammenspiel mit Journalisten – es ist ein bunter Strauß an Themen, den Jorch kundig zu beschreiben weiß und die der Verlag auflockernd illustriert hat. „Schlaflos im Shitstorm“ ist eine kurzweilige Lektüre, die pointierte Einblicke in die Politik gewährt und sicherlich nicht nur für Grünen-Sympathisanten interessant ist.

Rezension zu Giulia Becker: „Das Leben ist eins der Härtesten

Wenn Bücher für ehrliche Lacher sorgen, taucht man mitten hinein in die hohe Kunst des Humors im Geschichtenerzählen. So geschehen beim Autor dieser Zeilen beim Lesen von „Das Leben ist eins der Härtesten“. Das mag daran liegen, dass der Autor jener Zeilen (ich) gerne lacht (durchaus), aber auch daran, dass Giulia Becker, Autorin beim Neo Magazin Royale, eine liebevoll skurrile Geschichte mit liebenswürdigen Figuren gelungen ist. Die vier Protagonisten des Romans – Silke, Willy-Martin, Renate und Frau Goebel – klingen schon so herrlich bodenständig wie ihre Probleme: der Ex-Mann, der Hund der Internet-Flamme, die übermäßigen Homeshopping-Käufe, der nahende Tod. Aufgrund ihrer Verbundenheit untereinander bilden sie bald eine eskapistische, reality-TV-eske Schicksalsgemeinschaft, die ins zwischen Berlin und Cottbus liegende Tropical Island vom Alltag ausbrechen will.

Das gelingt trotz Palmen und Wasser (natürlich) nur bedingt und treibt die Kombination aus feiner Figurenzeichnung und noch feinerer Situationskomik auf das große Finale zu. Was nach der Lektüre bleibt, sind nicht die weltumstürzenden, tiefgründigen Gedanken, die Belletristik sonst so gerne verspricht. Dafür das Gefühl, dass humorvolle Unterhaltung auch im Buchformat nach wie vor funktionieren kann.

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