„Alexa, schicke eine E-Mail an alle im Unternehmen, dass in der Küche Kuchen steht.“ Auch Einsatzmöglichkeiten wie diese könnten zukünftig gemeint sein, wenn es um den Einsatz von Technologien in Unternehmen geht. Sprachassistenten sind da nur ein aus unserem Alltag bereits bekanntes Feature – Künstliche Intelligenz (kurz: KI), Roboter und computergesteuerte Maschinen sind hingegen abstrakt klingende Begriffe, die immer noch ein wenig nach Science-Fiction klingen, aber in Form von Bots beispielsweise auch schon im Kundensupport oder als Robo-Texter im Journalismus eingesetzt werden.
Erste Einsatzgebiete wie diese werfen die Frage auf: Zu was werden Roboter bald fähig sein und vor allem: Sind die Ängste, am Arbeitsplatz durch Roboter ersetzt zu werden, gerechtfertigt? Oder sollten wir uns nicht auf das neue Potenzial fokussieren, uns darüber freuen, dass redundante Aufgaben bald durch KI fehlerlos ausgeführt werden und wir unsere Kreativität, unser Können und unsere Kraft auf die wichtigen, kreativen und zentralen Kernpunkte unserer Arbeit fokussieren können?
Jobs und Maschinen: Das sagen die Zahlen
Seriöse, absolute Vorhersagen kann niemand treffen, aber natürlich können die bisherigen Veränderungsprozesse betrachtet und untersucht und daraus Tendenzen und Prognosen formuliert werden. Eine Studie des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat genau das getan und hat die Substituierbarkeitspotenziale – also die potenzielle Wahrscheinlichkeit, dass Tätigkeiten von Computern statt Menschen ausgeführt werden könnten – von Berufen und Berufsgruppen erforscht.
Zu dem Studien-Team gehört auch Britta Matthes, die in einem Bericht jüngst die Veränderungen von 2013 bis 2016 verglich. Eine Erkenntnis: Wenige Berufsbilder halten mit der Digitalisierung Schritt und in noch nie da gewesenem Tempo werden Technologien marktreif, die bahnbrechende Neuerungen ankündigen. Generell ist festzuhalten, dass die Potenziale des Ersatzes durch Maschinen in allen Anforderungsniveaus (diese basieren auf Bildungsabschlüssen) steigen – am stärksten in den Helferberufen, am geringsten in den Expertenberufen – das sind laut Studie solche Jobs, die ein mindestens vierjähriges Hochschulstudium voraussetzen. Bei Helferberufen beträgt der Wert 58 Prozent, bei den Fachkraftberufen 54 Prozent, bei Spezialistenberufen 40 Prozent und in den Expertenberufen 24 Prozent.
„Bei der Ermittlung des Substituierbarkeitspotenzials geht es aber ausschließlich um die Beurteilung der technischen Machbarkeit“, betont Britta Matthes. Die Zahlen sollen nicht als Prognose verstanden werden, wie viele Menschen ihre Jobs an die Digitalisierung verlieren werden.
Zwar steigt in den meisten Berufssegmenten das Potenzial, in zwei Bereichen jedoch hat es abgenommen: Bei medizinischen und weiteren Gesundheitsberufen und der IT- und naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufen zeigt sich, dass es möglich ist, die Tätigkeitsprofile genauso schnell zu verändern, wie die potenziellen Einsatzmöglichkeiten neuer Technologien. Wichtig sei, so Forscherin Matthes, in allen Berufssegmenten permanent zu prüfen, „inwiefern die beruflichen Tätigkeitsprofile noch den jeweils aktuellen technologischen Anforderungen gerecht werden“ und im Zweifel schnelle Anpassung zu ermöglichen.
Doch auch ein hohes Substituierbarkeitspotenzial ist kein Garant für das Wegfallen von Arbeitsplätzen. Viele andere Faktoren stellen sich dem entgegen: höhere Wirtschaftlichkeit, Flexibilität oder bessere Qualität bei menschlicher Arbeit, rechtliche und ethischen Hürden, Wertschätzung von handgefertigten Produkten oder schlichtweg das Schaffen von neuen Produkten oder Dienstleistungen mit Technologiebezug.
Diese Fähigkeiten brauchen Menschen in Zukunft
Angesichts des gestiegenen Substituierbarkeitspotenzials wird deutlich: Branchen-, Berufs- und Anforderungsstrukturen sind im Wandel, und Arbeitnehmer müssen sich diesem Wandel anpassen. „Um den zukünftigen Anforderungen eines gesamten Erwerbslebens gewachsen zu sein, wird eine Berufsausbildung oder ein Hochschulstudium nicht mehr genügen: Lernen im Erwerbsleben muss zur Normalität werden. Dazu müssen insbesondere die Möglichkeiten und Strukturen zur Weiterbildung, Höherqualifizierung und Umschulung ausgebaut werden. Lebenslanges Lernen muss für alle Arbeitskräfte und Arbeitgeber zur selbstverständlichen und dauerhaften Investition werden“, sagt die IAB-Mitarbeiterin Matthes.
Noch mehr als computerspezifische Kompetenzen wie Programmieren zu lehren, so die Forscherin, sollte vermittelt werden, Probleme zu lösen, fachübergreifend zu denken und im sozialen Miteinander kooperieren zu können. Dazu gehören auch Kommunikationsstärke, Selbstmanagement und Empathie. Diese Kompetenzen seien gerade auch bei der Zusammenarbeit virtueller Teams von Bedeutung.
Aber auch jenseits der wissenschaftlichen Forschung gibt es Überlegungen, wie es weitergehen kann für uns Menschen im Job. Für die Managementvordenker Anja Förster und Peter Kreuz sind es vor allem zwei Bereiche, auf deren Kombination es für uns Menschen zukünftig besonders ankommen wird: jene, die sie ‚high concept’ und ‚high touch’ nennen. In ihrem Gastbeitrag für Murmann Magazin schreiben sie dazu: „Mit ‚high concept’ meinen wir die Fähigkeit, Muster und Chancen zu erkennen, etwas zu schaffen, das über die reine Funktionalität hinausgeht und scheinbar zusammenhanglose Ideen zu etwas Neuem zu kombinieren. Mit ‚high touch’ ist die Fähigkeit gemeint, sich in andere einzufühlen, die Feinheiten menschlicher Interaktionen zu verstehen, Freude in sich selbst zu finden und in anderen zu wecken und auf der Suche nach Sinn und Zweck über das Alltägliche hinauszugehen.“ Denn diese Fähigkeiten, die die „Zündstoff für Andersdenker“-Autoren hier nennen, sind menschliche Stärken und Kompetenzen, die wir – Stand jetzt – Roboter voraushaben. Substituierbarkeitspotenzial hin oder her.
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