Subscribe & Follow:

3D-Druck gilt gleichermaßen als Hoffnungsträger und Schreckgespenst: Organe sollen druckbar sein, aber auch Waffen. Aber was kann der 3D-Druck heute schon wirklich herstellen und was ist bisher reines Wunschdenken? Claus Emmelmann von der Fraunhofer-Einrichtung für Additive Produktionstechnologien IAPT ist 3D-Druck-Experte und kennt den Stand der Technologie.

In unserem Interview erklärt Claus Emmelmann, wo die 3D-Druck-Technik heute schon eingesetzt wird und wo die gegenwärtigen Grenzen des 3D-Drucks liegen.

Herr Prof. Dr.-Ing. Emmelmann, man hört in den Medien immer wieder von den vielen verschiedenen Möglichkeiten, 3D-Druck zu verwenden, aber wenn Sie es einmal priorisieren: Welches sind die fünf Branchen, in denen 3D-Druck heute bereits am meisten eingesetzt wird?

Prototypen werden aktuell in allen Branchen 3D-gedruckt. Meine Priorisierung für den aktuellen Einsatz des 3D-Drucks für Funktionsbauteile und die Kleinserienfertigung sieht wie folgt aus: Medizintechnik, Luftfahrt, Maschinenbau, Automobilbau und Schienenfahrzeugbau.

Gibt es darunter eine Branche, in der ohne 3D-Druck nur noch wenig möglich wäre?

Im Prototypenbau sind 3D-Druckverfahren nicht mehr wegzudenken. In der Dental- und Endoprothethikbranche ist der 3D-Druck bereits zum Standard gereift. In allen anderen Branchen steht der große Durchbruch für die Serienfertigung trotz eines Weltmarktes von derzeit ca. 7 Mrd. Euro noch bevor. In 10 Jahren wird ein Markt von über 50 Mrd. Euro erwartet.

Sie selbst haben Maschinenbau studiert, heute sind Sie Experte im Bereich der Lasermaterialbearbeitung und des 3D-Drucks. Gibt es mittlerweile spezielle Studiengänge oder Ausbildungen, mit denen man 3D-Druck-Profi werden kann?

Tatsächlich habe ich meine Fraunhofer Einrichtung für Additive Produktionstechnologien (IAPT) nach über 30 Jahren Fokussierung auf die Lasertechnologien mit meinem über 100-köpfigen Team zur weltweit führenden wissenschaftlichen Technologietransfereinrichtung entwickeln können. Hier firmiert auch die weltweit größte Additive Akademie, die in industriellen Lehrgängen in verschiedensten Modulen ein- bis viertägig additives Grund- und Spezialwissen vermittelt. Darüber hinaus bieten wir an der Technischen Universität TU Hamburg Vorlesungen und Labore an, in  denen die Studierenden von der Digitalisierung über das Design-Engineering, die 3D-Druckprozesse, Fabrikplanungen und Qualitätssicherungsmethoden erlernen können. Ähnlich stellen sich andere Hochschulen derzeit auf. Für einen eigenständigen Studiengang halte ich den Markt für noch zu klein. Selbst die Zerspantechnik hat keinen eigenen Studiengang, sondern wird als Querschnittstechnologie in fast allen technischen Hochschulen gelehrt. Das sollte auch mit dem 3D-Druck passieren.

3D-Druckmaschinen am Hamburger Fraunhofer IAPT

3D-Druckmaschinen am Hamburger Fraunhofer IAPT. Foto: Fraunhofer IAPT

Gibt es Dinge, von denen Sie sagen, dass diese nie mit 3D-Druckern hergestellt werden können?

Man sollte niemals „nie“ sagen! Jedoch werden derzeit Anwendungen gehypt, die ich noch fern in der Zukunft sehe. So z. B. das 3D-Drucken von menschlichen Organen oder Zellkulturen, auch wenn wir uns das sehr wünschen. Weiterhin werden vornehmlich alle schmelzbaren Werkstoffe im Single-Materialaufbau 3D druckbar sein. Auch die Baugröße ist derzeit beschränkt. Typischerweise beschränken sich die Bauräume derzeit auf bis zu 400x400x400 mm3. Den Weltrekord hält derzeit ein XXL-Drucker im IAPT mit einem Bauraum von 30x5x5m, also 750m3 und einer Aufbaurate von 50 kg/h oder 2000cm3/h in Titan.

Wie lange wird es noch dauern, bis ein 3D-Druck in Privathaushalten so selbstverständlich steht wie ein normaler Papierdrucker?

Bereits heute kann der Privatverbraucher günstige 3D-Drucker, also für unter 500 Euro, im Fachhandel erwerben, mit denen sich Teile ausdrucken lassen. Unser Qualitätsanspruch wird jedoch häufig nicht erreicht, insbesondere bei Funktionsbauteilen benötigen wir aufwendige und entsprechend teurere Maschinen, die jedoch gegebenenfalls bereits in der lokalen Nähe des Endverbrauchers verfügbar und für die schnelle Lieferung genutzt werden können. Digitale Datenerzeugung und der Datentransfer werden hier im Mittelpunkt stehen, wie es bereits Zahnärzte für die Erzeugung des digitalen Zwillings für den Zahnersatz täglich praktizieren. Diese Methode wird sicher nicht nur für Privathaushalte, sondern auch derzeit industriell z. B. für den 3D-Druck von Ersatzteilen entwickelt und erprobt.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.

Schließen