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Genau wie heute jeder ein „Quicksilver“-T-Shirt im Schrank hat, der niemals auf einem Surfbrett gestanden hat, wird in fünf Jahren jeder eine Yoga-Hose haben. Ohne die leiseste Ahnung davon zu haben, dass ein „Herabschauender Hund“ kein Haustier oder Uttanasana kein zu lautes Niesen ist. Sondern einfach, weil man vom Yoga-Lebensstil inspiriert ist. Eine streitbare These, aber sie kommt von einer, die es wissen muss: Ava Taylor-Bach ist Gründerin von YAMA Talent, einer Consulting Agentur, die sich auf den Yoga-Markt in den USA spezialisiert hat. Seit zwei Jahren lebt die New Yorkerin mit ihrer Frau Sonia Bach in Köln und hat sich ein Ziel gesetzt: Mit ihrem digitalen Netzwerk, ihren Ideen und den Firmen, die sie unterstützt, will sie auch die deutsche Yoga-Industrie in höhere Sphären führen.

Im Interview in Hamburg sprechen wir mit ihr über die Verknüpfung zwischen Yoga und Technologie, über neue Startups in der Branche, das Potential des deutschen Marktes und natürlich über Yoga.

Ava, vor acht Jahren hast Du YAMA Talent gegründet – wieso?

Das Besondere der Yoga-Industrie ist, dass es wohl kaum einen fragmentierteren Markt gibt. Es gibt familiengetriebene Yoga-Studios, es gibt selbstständige Yoga-Lehrer, Yoga-Lehrer, die ausschließlich Retreats, also längere Yoga-Auszeiten, anbieten, es gibt Yogis, die regelmäßig ein Studio besuchen, aber auch diejenigen, die das Studio öfter wechseln, oder auch diejenigen, die die unterschiedlichen Yoga-Stile wechseln. Heißt: Es fehlt dieser Branche an einem Meeting-Point, einem zentralen Ort des Austauschs. Das habe ich damals in den USA erkannt und wollte mit meiner Firma vor allem Yoga-Lehrern helfen, zueinander und zu Schülern zu finden und sich zu professionalisieren.

Dieses Ziel verfolgen auch Startups in der Branche hierzulande, die Du unterstützt. Eines, weswegen Du auch gerade hier in Hamburg bist, ist yoganect.

Genau. Die Ausgangsfragestellung von yoganect ist genau das, was ich gerade beschrieben habe: Wie kann in der deutschen Yoga-Industrie ein zentraler Ort, ein Marktplatz, kreiert werden, an dem alle Akteure zueinander finden. Das will yoganect tun. Es ist ein soziales Netzwerk für Yogis, für Yoga-Lehrer, für Studios, für assoziierte Stakeholder – eben für alle, die Anteil an dieser wunderbaren Branche haben. Und dann kann das Netzwerk natürlich auch wachsen und international werden.

Gegründet wurde die Plattform von Elnura Ashimova und René Louis Delrieux in Hamburg. Im Herbst 2018 soll das Social Network for Yoga, wie sich yoganect bezeichnet, launchen. Aber warum sollte man sich anmelden? Sagen wir, ich mache hin und wieder Yoga und habe Gefallen daran. Warum sollte ich nicht einfach auf Facebook eine geschlossene Yoga-Gruppe erstellen?

Weil auf Facebook auch der Rest der Welt stattfindet. Und das einfach zu laut wird. Und weil alle anderen Branchen auch ihre Form der Vernetzung fernab der Plattformen, die jeder nutzt, gefunden haben. Musikliebhaber treffen sich auf Spotify, haben Festivalportale und treffen sich dann auch dort. Wer gleiche Interessen hat, möchte sich auch zusammenfinden. Vor diesem Hintergrund war es längst notwendig, dass sich auch für die Yoga-Szene solches herauskristallisiert.

Ava Taylor-Bach

Ava Taylor-Bach ist Gründerin von YAMA Talent, einer Consulting Agentur, die sich auf den Yoga-Markt in den USA spezialisiert hat. Foto: Florian Gobetz Fotografie

Weil Yogis einen ähnlichen Lebensstil pflegen?

Weil sie sich zumindest verbunden fühlen und miteinander teilen wollen, was sie erleben. Yoga bedeutet dem eigentlichen Wortsinne nach, im Sanskrit, auch „zusammenbinden“, insofern will der Yogi seine Welt auch mit anderen Yogis teilen – wozu er jetzt auch in Deutschland endlich die Möglichkeit bekommen soll. Er soll Rezepte teilen können, leichter finden, wo er Yoga-Einsteigerkurse in seiner Nähe machen kann, er soll sich mit der richtigen Kleidung ausstatten können. Und Yoga-Lehrer, die oft nicht einmal eine eigene Homepage haben, können auch von solchen Portalen profitieren. Sie können sich ihr Profil als Provider anlegen und neue Yogis ins Studio holen.

Bist Du selbst Yoga-Lehrerin?

Ich selbst nicht, aber tatsächlich bin ich auf voller Linie von Yoga-Lehrern umgeben: Meine Frau ist Yoga-Lehrerin, meine besten Freunde, meine Kunden bei YAMA-Talent! Ich selbst bin natürlich ein Yogi, aber eben nur auf der praktizierenden Ebene. In jedem Falle kenne ich die Branche sehr kleinteilig von innen und von einer businessgetriebenen Seite. In meinem ersten Job sollte ich die Markenpräsenz eines großen kanadischen Yoga-Klamottenlabels auf den US-Markt ausweiten. Was damals nach Unmöglichkeit klang und gerademal mit 10 Läden in Kalifornien startete, explodierte regelrecht, wuchs auf 130 Niederlassungen und ist heute ein weltweites Label, das Must-Haves für Yogis vertreibt. Wir erlebten damals in den USA einen rasanten Yoga-Boom, der meiner Meinung nach auch noch nicht vorbei ist. Und wenn ich mir die Zahlen hierzulande anschaue und sie richtig interpretiere, dann denke ich, steht dieser Boom auch dem deutschen Markt bevor. Einfach, weil Yoga ein Lebensgefühl transportiert, das den Menschen etwas gibt.

Was gibt es ihnen denn?

Die Frage ist weniger eine nach dem Was, sondern nach dem Wie. Yoga funktioniert. Je mehr man sich darauf einlässt, desto mehr stellt man fest, dass es eine unfassbar simple Möglichkeit ist, sich selbst um ein Vielfaches besser zu fühlen. Und wo diese beiden Dinge – größtmögliche Einfachheit und größtmögliches Wohlbefinden – in einer hektischen, komplexen Welt wie der unseren zusammen kommen, ab da funktioniert etwas.

Ist das nicht ein Widerspruch? Wenn Yoga als Gegenteil zum hektischen Always-Online-Lebensstil verstanden wird, wieso dann der Aufwand Yoga und Technik zusammenzubringen?

Ich glaube, hier lohnt es sich, das bigger picture nicht aus den Augen zu verlieren. Yoga und unsere digitale Welt stehen sich nicht unversöhnlich gegenüber. Das eine kann die Vorzüge des anderen dort nutzen, wo es sinnvoll ist. Solange es auf einer gesunden Basis passiert. Und wenn man über digitale Dienste von den besten Retreats der Welt erfährt, über Yoga-Videos überhaupt erst in Kontakt zur Szene kommt und am Ende neue Freunde über digitale Services findet, dann kann das nicht verkehrt sein.

Praktizieren Leute in den USA anders Yoga als in Deutschland?

Tatsächlich, ja! In Deutschland funktioniert Yoga, meiner Meinung nach, noch ein wenig traditioneller. Ganz einfach, weil der Markt aber auch noch jünger ist und Leute die verschiedenen Stile erst kennenlernen und viele Yoga-Arten auch noch gar nicht bekannt sind. Da wird also noch viel kommen, Fusion-Yoga, Lehrer, die verschiedenste Stile ins Land bringen, Hatha Yoga, Vinyasa, Jivamukti Yoga, Bikram, Kundalini, Ashtanga, Business-Yoga, sogar Stand-up-Paddle-Yoga. Und: Ich möchte keine Klischees festklopfen, aber was mir auffällt, ist auch, dass Yoga hier nicht ganz so viel Show braucht, wie in den USA. Wir werden sehen, wie das hier weitergeht!

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