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Im tiefsten Niedersachsen, im kleinen Ort Bohlsen, steht eine Mühle. Die Bohlsener Mühle, um genau zu sein. Diese ist deutschlandweit vor allem in der Bio-Branche bekannt, denn ihr Gründer Volker Krause entschied sich 1979, die von den Eltern übernommene Mühle zu einer Bio-Mühle umzubauen. Unternehmer ist Volker Krause also in einer Zeit geworden, als Bio noch lange kein Mainstream war – und es doch Stück für Stück wurde. Diesen Weg zeichnet der Journalist Gerhard Waldherr gemeinsam mit Volker Krause im Buch „1000 Mühlen braucht das Land. 9+1 Grundregeln für zukunftsfähiges Wirtschaften“ nach und gibt Einblicke in die Öko-Bewegung der Bundesrepublik und die Herausforderungen als Unternehmer.

Im Interview spricht Bio-Unternehmer Volker Krause über Hamsterkäufe, den ökologischen Bewusstseinswandel und wahre Preise.

Herr Krause, wie oft wurden Sie in den vergangenen Wochen gefragt, ob die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sicher ist?  

Sehr oft. Viel öfter, als wir erwartet haben. Die Hamsterkäufe haben uns überrascht und uns deutlich gemacht, wie tief die Angst bei den Menschen sitzt.

Und, was haben Sie all die Male gesagt?

Dass aus unserer Warte kein Grund zur Sorge besteht. Dass Hamsterkäufe nicht nur nicht notwendig sind, sondern eher dafür sorgen, dass die Versorgungsdecke dünner und hier und da ein bisschen löchrig wird. Dass maßvoller, bewusster Einkauf jetzt und künftig ein solidarischer Akt ist, der mit dem Bewusstsein für die Endlichkeit natürlicher Ressourcen einhergehen sollte. Die leeren Regale sind übrigens auch der Umlenkung der Warenströme geschuldet: Durch den Lockdown wurden viel mehr Lebensmittel zuhause gebraucht, die andernfalls beispielsweise in der Gastronomie verarbeitet worden wären – und das aus ganz anderen Gebindegrößen als den haushaltsüblichen. Dem muss auch bei der Verpackung und logistisch Rechnung getragen werden.

Es gab über die vergangenen Jahrzehnte zunehmend Schritte zur Etablierung des Bio-Trends, etwa die Einführung des EG-Bio-Siegels im Jahr 2001 oder die zunehmende Verfügbarkeit von Bio-Produkten bei Discountern. Wie wird die Corona-Situation diese Entwicklung beeinflussen?

Ich bin überzeugt davon, dass die Krise in ihrer so existenziellen Form viele Menschen dazu gebracht hat, über Lebensmittel, die Herkunft und auch die Art ihrer Herstellung nachzudenken. Globale Lieferketten sind viel mehr in den Fokus gerückt, werden viel kritischer hinterfragt. Der Wunsch nach Unabhängigkeit von den globalen Strukturen, nach Regionalität spielt eine ebenso große Rolle wie das Bedürfnis nach zukunftsfähigen, nachhaltigen Systemen. Das Vordringen des Menschen in Naturräume wird zu Recht kritisiert, aus ökologischen wie pandemischen Gesichtspunkten.

Die Nachfrage nach Bioprodukten steigt kontinuierlich. Die Corona-Pandemie hat diese unaufhaltsame Entwicklung beschleunigt und in noch mehr Köpfen vertieft. Ich gehe davon aus, dass der Boom der Krisenzeit ein wenig abflacht, aber sicher nicht auf Vor-Corona-Zeiten zurückfällt. Durch den nun Fahrt aufnehmenden Diskurs gewinnt auch die ökologische Bewusstseinsbildung an Boden. Denn es geht nur ökologisch!

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Sie sind Unternehmer, appellieren in Ihrem Buch aber auch an andere Unternehmer, Verantwortung zu übernehmen: „Handle so, dass spätere Generationen mindestens die gleichen Lebensbedingungen vorfinden wie wir!“, schreiben Sie. Was bedeutet das konkret, gerade jetzt?

Die Antwort gibt uns die Krise jeden Tag. Ein „Weiter so!“ kann und wird es nicht geben. Wir müssen und können jetzt einen Schritt zurücktreten, um das System zu bewerten und einen Maßstab anzulegen, der auf Zukunftsfähigkeit, auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Jeder Unternehmer ist gut beraten, seine Prozesse und Strategien daraufhin zu überprüfen, wie zukunftsfähig sie sind, und sie gegebenenfalls umstrukturieren. Der Klimawandel betrifft uns auch nach der Corona-Pandemie und ist eine viel tiefgreifendere und langfristigere Krise. Wir sind und bleiben mittendrin.

Sie fordern in Ihrem Buch auch, dass Preise die Wahrheit sagen müssen, also etwa die verursachte Sozial- und Umweltbelastung abbilden. Lässt sich das Ideal in Zeiten von Kurzarbeit wirklich langfristig umsetzen?

Meiner Meinung nach ja. Es geht um eine sukzessive Integration der Gemeinwohlbelastungen, die aus ressourcenvernichtenden Wirtschaftsprozessen resultieren. Wir kommen nicht daran vorbei, möglichst viele externalisierte Kosten im Preis abzubilden, um eine Steuerung in Richtung Klimafreundlichkeit und nachhaltigere Produktion zu erwirken. Die Menschen sind sensibilisiert und viel offener, sich damit auseinanderzusetzen, woher die Produkte kommen und wie sie produziert wurden. Darüber hinaus sorgt eine so existenzielle Krise auch für eine veränderte Suffizienzwahrnehmung: Was brauchen wir wirklich und warum eigentlich?

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