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Ein Projekt kann noch so leidenschaftlich initiiert, eine Vision inhaltlich noch so ausgefeilt sein – ohne ausreichende Erfahrung, finanzielle Mittel und zeitliche Kapazität wird sich eine Idee nur schwer realisieren lassen. Also heißt es, die richtigen Menschen zu finden, die die Möglichkeit haben und bereit sind, bei der Umsetzung Hilfe zu leisten. Unsere Autorin Sabine Heß von »Die Kunst des Bittens« verfügt über Erfahrungswissen aus fast 30 Jahren Praxis. Im Interview spricht Sabine Heß über die Herausforderungen im Non-Profit-Bereich und wie man mutig die eigene Komfortzone erweitert.

Sabine, die letzten Jahre sind insbesondere für Kultureinrichtungen und soziale Institution herausfordernd gewesen. Du bist vor allem im Non-Profit-Bereich aktiv. Was hat sich in den letzten Jahren für Dich als Fundraiserin geändert? 

Sabine Heß: Aktuell stehen wir vor vielen unterschiedlichen Herausforderungen: Bildungsgerechtigkeit, Chancengleichheit, Diversität, der Krieg in der Ukraine, Klimaschutz, .die Liste könnten wir noch lange weiter führen. Non-Profit-Organisationen nehmen sich dieser Probleme an, erkennen Bedarfe und initiieren Projekte. Diese benötigen in den meisten Fällen Unterstützung in Form von tatkräftiger Hilfe, Schallverstärkenden, Rat oder finanzieller Hilfe. In gewisser Weise stehen diese Spendenzwecke in Konkurrenz. Daher ist es wichtiger denn je geworden, die richtigen Partner und Partnerinnen mit gleichen Werten zu finden und langfristige Beziehungen aufzubauen.

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Wie kam es dazu, dass du das Buch geschrieben hast?

Sabine Heß:Vor über 13 Jahren bin ich in der Non-Profit-Branche gelandet. Da viele soziale und gesellschaftliche Projekte auf Hilfe von außen angewiesen sind, habe ich hier gelernt, worauf es ankommt, wenn wir andere um Unterstützung bitten. Und ich habe gelernt, vor welchen Herausforderungen wir dabei stehen. Als mir bewusst wurde, dass es viele Menschen gibt, denen es schwer fällt, andere persönlich um Unterstützung zu bitten – die meisten Menschen schreiben lieber eine E-Mail oder stellen einen schriftlichen Antrag – habe ich mich auf meine Reise begeben, in Worte zu fassen, welches Mindset und welche Tools mir helfen, um andere professionell und mutig zu bitten. Unterstützt wurde ich dabei von tollen Menschen, die mir aus verschiedenen Blickrichtungen zusätzlichen Input gegeben haben.

»Ich habe mich auf meine Reise begeben, in Worte zu fassen, welches Mindset und welche Tools mir helfen, um andere professionell und mutig zu bitten.«

Um Unterstützung oder Spenden zu bitten, bringt Menschen oft aus ihrer Komfortzone. Emotionen wie Abhängigkeit, Belästigung, Blamage mischen sich. Welches ist in Deinen Augen das wichtigste Argument, der Change-Maker, um als Bittende:r gut gerüstet zu sein, um Unterstützung zu erfragen?

Sabine Heß: Da möchte ich gerne zwei unterschiedliche Fälle betrachten: 

  1. In dem Non-Profit-Bereich, in dem es um eine übergeordnete Aufgabe geht, empfinde ich das wie eine Arbeitsteilung und Kooperation unter unterschiedlichen Market-Playern. Auf der einen Seite stehen Hilfsprojekte, die für die Zielgruppen Angebote machen und sich mit Ideen und Zeit einbringen. Auf der anderen Seite stehen Unterstützende, die mit Know-How, Kapital und ggfs. auch Zeit mithelfen, diese Angebote umzusetzen. Beide Gruppen, Projektinitiatoren und -initiatorinnen, die um Unterstützung bitten, und Menschen, die unterstützen, arbeiten an der gleichen Vision. Ich stelle mir das wie eine Waage vor. Weder die eine noch die andere Seite hat ein größeres Gewicht. Warum sollte also meine Bitte also von negativen Gefühlen begleitet werden, wenn wir doch zusammen das Gleiche wollen? 
  2. Der zweite Fall beschreibt das Mindset bei einer Bitte bei individuellen Zielen. Das kann die Gründung eines Startups genauso sein wie das Besteigen eines hohen Berges oder das Schreiben eines Buches. In solchen Fällen hilft mir das Wissen, dass Menschen gerne helfen. Eckart von Hirschhausen hat in einem Vortrag vor vielen Jahren einmal erwähnt, dass Menschen, die helfen, mehr Glückshormone ausschütten als bei dem Verzehr einer Tafel Schokolade. Ich sehe mich seitdem als Diät für andere, wenn ich sie um Hilfe bitte. Wenn wir andere um Hilfe bitten, machen wir andere glücklich.

Gibt es im Fundraising die klassischen Do’s and Don’ts? Und welche sind Deine Persönlichen? 

Sabine Heß: Da ich Betriebswirtin bin und nie eine klassische Fundraising Ausbildung durchlaufen habe, kann ich nicht sagen, welche Do’s and Don’ts klassisch gelehrt werden.  

Meine persönlichen Do’s – die TOP 4 – sind: 

  • eine gute Vorbereitung bevor ich auf andere zugehe 
  • Respekt in zwischenmenschlichen Beziehungen 
  • Zuverlässigkeit und Vertraulichkeit bei langfristigen Verbindungen 
  • Dankbarkeit zeigen 

 Aber da werdet ihr im Buch noch viele mehr finden. 

In Deinem Buch »Die Kunst des Bittens« geht es, wie Du es formulierst, ‘um die sanfte Kunst, andere die Freude des Gebens zu lehren’. Zielgruppe sind damit klar alle Fundraiser:innen oder wer sollte Dein Buch lesen?

Sabine Heß:

Diese Definition ist von Henry A. Rosso. Ich glaube er war Gründer einer Fundraising School in den USA. Mit diesem Buch möchte ich auf jeden Fall alle Fundraiser und Fundraiserinnen ansprechen und sie motivieren, in das persönliche Gespräch zu gehen, wenn sie Unterstützung benötigen. Aber dieses Buch ist nicht nur für Menschen im Fundraising. Genauso wie wir im Fundraising viel aus der Wirtschaft lernen können, wie gute Vorbereitungen in Form von Elevator Pitches, Aufbau der Webseiten nach Modellen aus der Wirtschaft wie denen von Simon Sinek (,,Start with Why“), können wir in der Wirtschaft viel aus der Non-Profit-Branche lernen.  

Ich gebe euch zwei Beispiele: Da bei gesellschaftlichen Projekten Leistungen (Spenden) keine Gegenleistung erhalten, spielen Emotionen eine große Rolle. Wir lernen im Fundraising viel über die Verbindung durch gleiche Werte, einen Netzwerkaufbau und den Aufbau langfristiger Beziehungen. Das alles ist auch für Menschen in der Wirtschaft von Bedeutung. Darüber hinaus sind ,,Bittende“ immer in einem Ungleichgewicht mit ,,Gebenden“, die offensichtlich mehr Erfahrung, Netzwerk oder Geld haben, so dass wir sie um Hilfe bitten. Wir können also lernen, wie wir anderen auf Augenhöhe begegnen, wenn wir uns in einem Ungleichgewicht fühlen. 

Kurzum: Mit meinem Buch spreche ich daher sowohl Fundrasiser und Fundraiserinnen auf der Suche nach Unterstützung und Gründer und Gründerinnen auf der Suche nach einem Rat an als auch Individuen, die anderen auf Augenhöhe begegnen, Verbindungen über gleiche Werte aufbauen und ihr Netzwerk erweitern möchten.

Zum Schluss eine persönliche Frage: Welches Buch hast Du als letztes gelesen?

Sabine Heß:In den letzten 6 Monaten ist das Lesen bei mir viel zu kurz gekommen. Da habe ich mich voll und ganz neben der normalen Arbeit den Gedanken zu meinem Buch gewidmet. 2024 steht bei mir unter dem Motto, Sport wieder in meine Routineaufzunehmen und mich gesund zu ernähren. Nach Abgabe meines Buches habe ich daher mit dem Buch: ,,Shaolin Spirit“ von Shi Heng Yi begonnen. Ein sehr schönes Buch, um in diesem Jahr den Fokus auf ein gesundes Leben zu legen. 

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