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Fit in den Tag starten – das wünschen sich viele. Wäre da nicht der Schlaf, der mal unruhig, mal fahrig, mal schlicht zu kurz war. Für schlechten Schlaf kann es unterschiedliche Gründe geben, die Jürgen Zulley kennt. Bis zu seinem Ruhestand war er Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums am Universitäts- und Bezirksklinikum Regensburg, kürzlich ist sein Buch „Schlafkunde“ (Mabuse Verlag) erschienen.

In unserem Interview erklärt der Schlafforscher, welche Rolle das Abschalten von der Arbeit für den Schlaf spielt, wie Alkohol sich auswirkt und warum das Home Office die Regeneration beeinträchtigen kann.

Herr Zulley, gibt es Faktoren bei der Arbeit, die sich auf den Schlaf auswirken?

Natürlich. Gerade in unserer heutigen Zeit spielen Faktoren wie Tempo, also Zeitdruck, und auch vermehrte Reizzufuhr – Stichwort Multitasking – eine wichtige Rolle. Und beides sind Feinde des Schlafes. Denn Entspannung ist der Königsweg in den Schlaf. Und gerade die Arbeit – und alles, was mit der Arbeit zusammenhängt – kann unserer Entspannung entgegenwirken. Anspannung ist die Folge, die sich wiederum negativ auf meinen Schlaf auswirkt und damit wiederum negativ auf meine Leistungsfähigkeit am nächsten Tag.

Also sollten Chefs dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter mit der Arbeit vor Ort abschließen können?

Genau. Der Chef sollte darauf achten, dass der Arbeitnehmer nach Feierabend wirklich Schluss hat, nach Hause geht und von dort auch keine E-Mails mehr beantwortet. Und um mit der Arbeit abschließen zu können, kann der Arbeitnehmer auch ein paar Tipps beherzigen – etwa sich aufschreiben, was man den Arbeitstag über geleistet hat und was es am nächsten Tag zu tun gibt.

Nun gibt es aber Faktoren, die der Chef nicht beeinflussen kann. Wie wirkt sich beispielsweise das Feierabendbier mit den Kollegen auf den Schlaf aus?

Grundsätzlich entspannt Alkohol und Entspannung ist gut für den Schlaf, vor allem für das Einschlafen. Aber: Der Abbau des Alkohols, der dann während des Schlafs erfolgt, stört den Schlaf wieder. Trinkt man also zu viel, folgt kein erholsamer Schlaf. Die Folgen des Alkohols für den Schlaf sind jedoch dosisabhängig und individuell unterschiedlich – übrigens erhöht Alkoholkonsum am Abend die Wahrscheinlichkeit nachts zu schnarchen, ebenso wie Schlaftabletten.

Und Schnarchen ist ja auch für die Person, mit der man das Bett teilt, unangenehm.

Ja, der Partner kann ein Störfaktor beim Schlafen sein, vor allem, wenn er Geräusche von sich gibt. Statistisch sind es meist die Männer, die schnarchen, aber auch Frauen können dabei laut sein. Getrennte Betten bzw. Schlafzimmer sind eine Möglichkeit. Der Schnarcher kann sich aber auch an einen HNO-Arzt wenden. Dieser sollte nachsehen, ob die Atemwege frei sind. Und dann wäre da noch die Möglichkeit, die Rückenlage zu vermeiden. In der Rückenlage kommt es nämlich eher zum Schnarchen als in der Seitenlage.

Ab wie vielen Nächten mit schlechtem bzw. ungenügendem Schlaf wird es dann kritisch und gesundheitsschädlich?

Das ist sehr verschieden. Einzelne schlechte Nächte kann man gut verkraften, vor allem, wenn man dann wieder einen normalen Nachtschlaf hat – da reguliert sich der Körper. Wir sprechen von einer behandlungsbedürftigen Schlafstörung, wenn der gestörte Nachtschlaf mindestens vier Wochen mehr oder weniger hintereinander stattgefunden hat. Dann sollte man unbedingt etwas tun. Aber die negativen Auswirkungen, gerade auch den Körper betreffend, kommen schon nach einigen Nächten, sicherlich nach einer Woche. Aber nochmal: Es wird wieder ausgeglichen, wenn man dann wieder normal schläft.

Das Home Office bietet die Möglichkeit, einmal länger zu schlafen und möglicherweise Schlaf nachzuholen. Andererseits entfällt eine strikte Trennung von Arbeitsplatz und Zuhause. Wie bewerten Sie daher die Arbeit im Home Office und ihre Auswirkungen auf den Schlaf?

Die Trennung von Arbeits- und Privatplatz ist dem Schlaf und der Regeneration durch den Schlaf förderlich, weil die jeweiligen Kontexte klar getrennt sind. Natürlich erlaubt das Home Office einerseits Flexibilität, macht es aber andererseits schwieriger, den klaren Unterschied zwischen Arbeit und Feierabend zu markieren.

Der Vorteil des Home Office ist aber, sich in der Mittagspause auch einmal kurz hinzulegen oder anderweitig zur Ruhe zu kommen – das geht meist am normalen Arbeitsplatz nicht.

Der Mittagsschlaf – oder nennen wir es lieber Ruhepause um die Mittagszeit – gehört zu unserem biologischen Programm. Wir wissen, dass diejenigen, die mittags durcharbeiten, mehr Fehler machen als zu anderen Zeiten und anschließend nicht so leistungsfähig sind.

Und wie lange sollte diese Ruhepause sein?

Sie sollte nicht länger als 30 Minuten dauern und, wenn nötig, kann man da auch das gute alte Nickerchen halten. Zwischen zehn und maximal 30 Minuten hat das einen erholsamen Effekt. Wenn man tagsüber oder mittags länger schläft, dann kehrt sich der Vorteil in einen Nachteil um – es dauert dann sehr lange bis man wieder wach ist.

Die wenigsten Büros sind jedoch mit Betten ausgestattet. Bringt das dann trotzdem etwas, wenn man versucht sich in einer unbequemen Haltung – etwa mit dem Kopf auf dem Tisch – auszuruhen?

Ja, das gemütliche Bett kann sogar ein Nachteil sein, denn es lädt zum langen Schlafen ein – und es folgt möglicherweise die Schlaftrunkenheit. Insofern ist vielleicht sogar die unbequeme Position von Vorteil. Ich habe das häufig so gemacht: Füße auf den Schreibtisch, die Stuhllehne nach hinten gekippt und ein kurzes Nickerchen gehalten.

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