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Die hitzigen Konfliktlagen um die vermeintlich mangelnde Meinungsvielfalt in öffentlichen Debatten provozieren derart, dass viele Stimmen, denen ich folge, nicht umhinkönnen, mit ihrer eigenen eingeübten Perspektive in diesen Machtkampf einzutreten. Heraus kommt ein Mix aus laut und stark vorgetragenen Meinungen. Demokratietheoretisch ist diese Repräsentanz verschiedenster Blickwinkel im Diskurs eigentlich wünschenswert. Aber laut und stark ist nicht immer – Descartes sei hier zitiert – klar und deutlich, sondern kann im schlimmsten Fall zu Orientierungslosigkeit führen. 

Was gewinnen wir durch eine Perspektivenvielfalt, die noch mehr Verwirrungen stiftet, statt zu analysieren, sortieren, balancieren, um in klarer und deutlicher Manier nachvollziehbare Schlussfolgerungen zu ziehen und diese ergebnisoffen dem Diskurs anzubieten? Wir gewinnen ein anstrengendes Dauer-Meinungs-Chaos, von dem sich abzuwenden, mir nur allzu verständlich scheint. Wer hält dieses Getöse aufeinanderprallender Sichtachsen schon aus? Ein Scheppern, das ein Verstehen mit dem Ziel klarer und deutlicher Urteilsfindungen schon lautstärkemäßig zu verhindern weiß. Im Ergebnis rettet man sich dann in die altbekannten Perspektiven, eingebettet in nur von innen her als vielfältig zu beschreibenden Meinungsblasen.

Wie also raus aus diesem Dilemma? Artifizielle Verengungen des Diskurses sind ebenso wenig wünschenswert wie die Flucht in die Filterblase. Aus meiner Sicht täte im Perspektivengetöse der leise Perspektivwechsel gut – ein behutsamer, bedächtiger Sichtachsendreher kann befreiend wirken und uns einen ganz neuen Einblick verschaffen. Echte Empathie statt Eskalation, Verständnis statt Verhärtung der Fronten. Dieser Perspektivwechsel bedeutet, sich von alteingeschwungenen Sichtweisen zu lösen, mal eine Weile gedanklich ohne Geländer zu gehen oder die Social-Media-Blase zu durchstechen und uns auf den Standpunkt des Gegenübers wirklich einzulassen. Erkenntnisprozesse sollten meines Erachtens keine Selbstermächtigungen von Vorurteilen sein. Der Wechsel der Perspektive kann hier wie ein Türöffner wirken. Und dafür bietet die eingangs skizzierte Debattenlage eigentlich eine geeignete Arena – denn an Perspektivenvielfalt selbst mangelt es uns im Diskurs nicht, möge doch unser Umgang mit dieser konstruktiver sein

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