Die Kulturtipps im Juli bringen uns einen Literaturklassiker, Konzerte unter freiem Himmel und kritisches Anarcho-Theater.
Schottische Küste, Girlpower und Geistererscheinungen
Über ein Jahrhundert blieb Bram Stokers Roman „Das Geheimnis der See“ im Schatten seines weltberühmten „Dracula“. Erst jetzt hat der mareverlag den 1902 erschienenen Schmöker in einer glänzenden Übersetzung von Alexander Pechmann auf Deutsch zugänglich gemacht – und schenkt uns ein echtes Juwel der viktorianischen Literatur.
Wer glaubt, Stoker könne nur Vampire, irrt. Hier mixt er Schauerroman, Spionagethriller, Piraten- und Liebesgeschichte zu einem epischen Abenteuer. Schauplatz: die dramatische Küste Schottlands, wo sich der brave, aber furchtlose Archibald Hunter in die reiche, selbstbewusste US-Amerikanerin Marjory verliebt. Die hat sich Spanien zum Feind gemacht hat, als sie der US Armee im Kampf gegen die Spanier mit Waffen unterstützte.
Schätze, Geister, politische Intrigen – Stoker zieht alle Register. Wer sich Zeit nimmt für knapp 550 Seiten voller atmosphärischer Landschaftsbeschreibungen, wird mit einer Reise in eine andere Welt belohnt. „Das Geheimnis der See“ ist ein Roman für alle, die das Viktorianische lieben – üppig, geheimnisvoll, und voller Heldenmut.
Bram Stoker
Das Geheimnis der See
a.d. Engl. v. Alexander Pechmann
mareverlag, Hamburg 2024
Klassik unter Sternen
Sommerzeit ist Open-Air-Zeit. Und nach zweijähriger Pause ist es endlich wieder so weit: Das Classic Open Air Berlin kehrt am 17. Juli zurück auf den prachtvoll sanierten Gendarmenmarkt. Zwischen Domkuppeln und Sommerhimmel sorgt ein vielfältiges Programm für musikalische Sternstunden. Den Auftakt gestaltet Stardirigentin Joana Mallwitz mit dem Konzerthausorchester, gefolgt von Gregory Porter, der zum ersten Mal dabei ist, sowie Giovanni Zarrella mit italienischem Schlager-Flair. Große Oper in großer Kulisse bilden Anna Netrebko und Yusif Eyvazov als krönenden Abschluss.
Wer es naturnaher und zugleich festlich mag, sollte sich den 30. August im Britzer Garten notieren. Zum 40. Jubiläum verwandelt sich das weitläufige Areal in Berlin-Neukölln in eine Open-Air-Konzertarena. Unter dem Motto „Symphony & Sounds“ präsentiert die Neue Philharmonie Frankfurt zusammen mit Rocksängerin Lorena Huber und Rocktenor Karsten Stiers Klassik, Rock und Pop – von Smetanas „Moldau“ bis Springsteens „The River“. Mit einem farbenprächtigen Feuerwerk am nächtlichen Himmel über dem Wasser klingt der Abend festlich aus.
Classic Open Air auf dem Berliner Gendarmenmarkt
17.-21. Juli 2025
Symphony & Sounds – Klassik, Rock und Pop im Britzer Garten, Berlin-Neukölln
30. August 2025
Bühne frei für „Berlin is not Salzburg“
Wie viel Salzburg verträgt Berlin? Und wie viel Berlin braucht die Kunst? Die Theatergruppe glanz&krawall nimmt in seiner erfolgreichen Reihe „Berlin is not…“ erneut die Kulturpolitik der Hauptstadt unter die Lupe. In der ehemaligen Stasizentrale hinterfragen sie, ob Berlin gerade dabei ist, sich selbst zu verlieren: Wird die Stadt zum museal konservierten Kulissen-Ort für Hochkultur-Events, während immer mehr Menschen das Leben in der Innenstadt nicht mehr bezahlen können?
Im Mittelpunkt steht diesmal Mozarts „Zauberflöte“, die das Kollektiv mit Unterstützung aus der freien Szene und Popkultur lustvoll gegen den Strich bürstet. Mit dabei sind u. a. das inklusive Theater Thikwa, die Performance-Gruppe hannsjana, die Schlangenknaben, die Punkband The Toten Crackhuren im Kofferraum sowie Drag-Acts wie Kaey und BroKolya. Für glanz&krawall ist klar: Kunst muss unbequem bleiben – und Berlin darf nicht zum nächsten Salzburg werden.
glanz&krawall: BERLIN is not SALZBURG
11. bis 13. Juli 2025, Stasi-Zentrale. Campus für Demokratie, Berlin-Lichtenberg
Foto: Georg Bergen auf pexels