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Catherine Deneuve nimmt uns mit auf den „Flohmarkt von Madame Claire“, Clarissa Goenawan enträtselt in „Rainbirds“ einen Todesfall und die Flying Steps tanzen in „Flying Pictures“ in neue Dimensionen. Mehr dazu in den Rezensionen unserer Kulturtipps im Mai 2019.

Melancholisch-heiter: Catherine Deneuve bezaubert

Eines Tages wacht Madame Claire auf ihrem wunderschönen Landsitz in der französischen Provinz auf und ist fest davon überzeugt, dass dieser Tag der letzte in ihrem Leben sein wird. Kurzerhand beschließt sie daher, ihr Hab und Gut in den Garten zu stellen und zu verkaufen. Und während Madame noch im geblümten Sommerkleid Stück für Stück hinausträgt, kommen die Käufer. Erinnerungen wechseln für 20 Euro den Besitzer, freilich ohne dass dieser davon weiß. Madame Claire räumt in ihrem Leben auf, sehr zum Unverständnis ihrer Tochter, die nach 20 Jahren  – alarmiert von einer alten Freundin – ins Haus der Mutter zurückkehrt. Es ist ein wunderschönes Alterswerk, das die 76-jährige Catherine Deneuve hier zeigt. Mit ihrer Tochter Chiara Mastroianni wandelt sie durch einen melancholisch-heiteren Film, dem die Grande Dame des französischen Kinos lakonisch die Tragik nimmt. Und ganz ehrlich – ist es nicht wunderbar, dass offensichtlich nur noch französische Filme den Mut haben, ihre Protagonisten als Kettenraucher zu zeigen, selbst wenn sie Catherine Deneuve heißen?

Der Flohmarkt der Madame Claire
seit dem 2.5. im Kino

Fesselnde Spurensuche in Japan mit Clarissa Goenawan

Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Clarissa Goenawans schreibt mit „Rainbirdseinen der schönsten Japan-Romane seit Murakami. Dabei schafft es die junge, in Singapur geborene Autorin dennoch, sich wohltuend vom Altmeister des magischen Realismus abzugrenzen und sich haarscharf mit einem eigenen Stil daneben zu positionieren.
Ihr Protagonist, der 24-jährige Ren Ishida, erfährt kurz nach seinem Universitätsabschluss vom Tod seiner acht Jahre älteren Schwester Keiko. Obwohl die Geschwister stets ein enges Verhältnis hatten, stellt der in Tokio lebende Ren fest, dass er sehr wenig über seine Schwester weiß. Diese lebte in einer Kleinstadt und arbeitete dort als Lehrerin an einer Paukschule. Als er dorthin fährt, um ihre persönlichen Angelegenheiten zu regeln, beschließt er, dem verborgenen Leben seiner Schwester und auch ihrem unerklärlichen Tod auf die Spur zu kommen. „Rainbirds“ entwickelt auf eine betörend einfache Art eine ungemeine Sogwirkung. Mysteriöses reiht sich an Profanes, und man staunt, wie einfach es sein kann, eine ungeheure Spannung aufzubauen und dass, obwohl Clarissa Goenawan auf typische Krimielemente verzichtet. Stattdessen entführt sie den Leser in eine japanische Gesellschaft mit ihrer ganzen Zwiespältigkeit und fördert ganz nebenbei familiäre Verwicklungen hervor.

Clarissa Goenawan        
Rainbirds
Thiele & Brandstätter Verlag, Wien 2019

Die Flying Steps schaffen ein genresprengendes Gesamtkunstwerk

Die Halle bebt, das Publikum ist euphorisch. Das Museum für Gegenwart in Berlin, der Hamburger Bahnhof, ist Schauplatz einer Bühnen-, Tanz- und Musikshow der Extraklasse. Die fliegenden Bilder und Tänzer, die nach Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ durch den Raum schweben und mühelos Hip Hop, Breakdance und klassisches Ballett verweben, sind atemberaubend. Die Musik geht unter die Haut. Wie bei einem Palimpset immer noch das Original durscheint, so erkennt man auch bei der Neukomposition des Klassik-Klassikers das Ursprüngliche von Mussorgskys Musik. „Überschreibung“ nennt das Komponisten-Brüderpaar Vivan und Ketan Bhatti ihre Art der Komposition. Entstanden ist eine wuchtige, bisweilen eindringliche Neukomposition an der Schnittstelle zwischen Klassik, Elektronica und Hip Hop, aber nie mit Elektronik. Musik, Tanz und die Kunst der Brüder OSGEMOS bilden in dieser mitreißenden Inszenierung ein Gesamtkunstwerk, das alle Genregrenzen sprengt. Hier sind Profis am Werk, das spürt man mit jedem Sprung und in jedem Takt. Wer in diesem Ensemble tanzt, gehört zur Crème de la Crème des Urban und Contemporary Dance. „Flying Pictures“ ist nicht nur eine Show, es ist Kunst auf einem ganz neuen Level!

Flying Pictures
Flying Steps & OSGEMEOS inszenieren Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ im Hamburger Bahnhof, Museum für Gegenwartskunst Berlin
Aufführungen noch bis zum 2. Juni 2019

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