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Neues Jahr, neues Glück: Viele Menschen starten mit Neujahrsvorsätzen. Aber: Veränderung wirklich zu schaffen ist gar nicht so leicht. Wer sein Leben verändern will, sollte zunächst einmal in sich hineinhören, ob der Veränderungswunsch tatsächlich der eigene Wunsch ist – rät Buchautorin Tanja Köhler. In „Das Jahr, als ich anfing, Dudelsack zu spielen“ schreibt sie über die Veränderung in der Mitte des Lebens und Erfahrungen, die sie selbst gemacht hat. Dazu gehört auch ihre traditionelle Neujahrswanderung, die sie auch 2019 wieder absolvieren wird, um den Blick auf das Kommende zu richten.

In unserem Interview erklärt Tanja Köhler, wie das Leben verändern gelingen kann und welche Rolle ein Zollstock dabei spielt.

Frau Köhler, viele Frauen sprechen ungern über Ihr Alter. Woran, glauben Sie, liegt das? Ticken Männer da anders?

So? Tun wir das? Wir Frauen? Reden wir tatsächlich ungern über unser Alter? Ich nehme das gar nicht so wahr. Eher sogar umgekehrt: Wir kokettieren mit unserem jugendlichen Aussehen und setzen uns zeitgleich in Bezug zu den Frauen im mittleren Alter von vor 30 Jahren. Meiner Erfahrung nach sind es eher die Männer im mittleren Alter, die sich schwer mit der Nennung ihres Alters tun. Und hier insbesondere diejenigen, die mit ihren weniger werdenden Haaren nicht ganz so klarkommen. Die sagen nämlich: ‚Nach dem Alter fragt man nicht…“…. Meine augenzwinkernde Reaktion: „Soooo? … Fragt ‚MAN‘ das nicht?“

In Ihrem Buch bitten Sie die Leser, auf dem Zollstock mit einer Hand das aktuelle Alter, mit der anderen Hand das durchschnittliche Lebensalter von 82 Jahren anzuzeigen. Ihnen geht es um die Erkenntnis, wie viel Zeit schon vergangen ist und wie viel Zeit – statistisch – noch zum Realisieren der eigenen Träume und Ziele bleibt. Fällt diese Erkenntnis vielen Lesern schwer?

Schwer fällt sie eigentlich nicht, diese Erkenntnis. Sie kommt für die meisten nur ziemlich überraschend. Innerlich wissen die Menschen es ja schon seit langem. Mit dem Zollstock-Experiment erhalten sie aber endlich ein konkretes Abbild dazu. Für mich jedes Mal wieder aufs Neue spannend: alleine schon aufgrund dieser sichtbaren Erkenntnis kommen die meisten Menschen, mit denen ich das Experiment mache, in Bewegung. Es braucht kein zeitintensives Coaching. Der Blick auf den Zollstock genügt oftmals.

Gibt es so etwas wie eine Top 3 der häufigsten Veränderungswünsche?

Die Top 10 wird jedes Jahr zu Jahresbeginn von FORSA im Auftrag der DAK-Gesundheit ermittelt. Auf der Liste von 2018 fand sich an erster Stelle der Stressabbau (59 Prozent), dicht dahinter: mehr Zeit für Familie und Freunde (58 Prozent). Auf Platz drei befand sich der Vorsatz, sich mehr zu bewegen (53 Prozent) und auf Platz vier rangierte der Wunsch nach mehr persönlicher Zeit (48 Prozent).

Ich selbst erlebe in meinen Beratungen die Hitliste durchaus anders. Bei den Veränderungs-Themen meiner Kunden liegt „mehr Zeit für sich“ vor „neuer Job“ und „neuer Lebenspartner“.

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Sie verstehen Veränderung als etwas Positives, etwas, das nach vorne geht. Können Sie nachvollziehen, dass Veränderung bei anderen Menschen Unsicherheit oder gar Angst auslöst?

So kann man das generell gar nicht sagen, dass ich ‚Veränderung‘ als was Positives sehe. Wenn eine ‚Veränderung‘ von jemandem anderen in mein Leben getragen wird – zum Beispiel durch eine Trennung oder gar einen Todesfall – dann sehe ich das mitnichten als etwas Positives. Das würde bei mir auch Unsicherheit und Angst auslösen. Ich glaube aber fest daran, dass man sich bewusst dazu entscheiden kann, wie man damit ab einem bestimmten Zeitpunkt umgeht. Nach der ersten Phase des Schocks und der Trauer, der Wut und der Verzweiflung – gebe ich mich dem Selbstmitleid hin oder nehme ich bewusst mein Leben wieder in die Hand? Und gestalte es dann so, wie ich es möchte?

Ich kann die Unsicherheit und Angst der Menschen bei wichtigen anstehenden Entscheidungen, die das Leben umkrempeln, sehr gut nachvollziehen und auch mitfühlen. Diesen Menschen hilft die sogenannte DZU-Formel, Das ist die Leitformel für Veränderung, die ich in meinem Buch beschreibe. Unter meinem Motto ‚Erkenntnisse klären, Handeln verändert‘ führe ich die Leser systematisch durch den Veränderungsprozess. Meine Erfahrung: Je mehr die Menschen über sich selbst und ihr Umfeld wissen, umso mehr verliert sich auch die Angst.

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Wie unterscheidet sich Veränderungswille mit Mitte zwanzig von dem mit Mitte vierzig?

Das kann ich so gar nicht beantworten. Auch bei dieser Frage komme ich ins Grübeln, ob der Wille sich überhaupt unterscheidet. Der Wille – also das Umsetzen von Veränderungsvorhaben in die Realität – kann bei beiden gleich schwach oder gleich stark ausgeprägt sein. Das hängt auch vom Motiv ab. Also um was es geht. Was sich aber definitiv unterscheidet, das ist der Erfahrungsrahmen, zu welchem das Vorhaben in Bezug gesetzt wird und den daraus resultierenden Fragen.

Wenn wir beim Bild des Zollstocks und der wahrgenommenen bereits vergangenen beziehungsweise noch zur Verfügung stehenden Zeit bleiben, so wird sich ein älterer Mensch vermutlich eher Fragen stellen wie: Was habe ich schon erlebt und was hat geklappt? Was nicht? Wieviel Zeit steht mir noch Verfügung? Was verliere ich vielleicht, wenn ich mein Leben verändern will? Während ein jüngerer Mensch sich vermutlich eher Fragen stellt wie zum Beispiel: Wie bekomme ich das mit dem Studium unter einen Hut? Wie geht das ohne Geld? Wie kann ich mir das finanzieren?

Der Begriff „Neujahrsvorsätze“ sagt es ja schon: Viele wollen den Start ins neue Jahr als Startschuss zur Veränderung nutzen. Hilft dieses Fokussierung auf das Datum eher bei der Veränderung oder behindert es diese?

Ich halte es da mit einem Zitat, dessen Herkunft ich allerdings nicht weiß: Was hilft, hat Recht! Wenn Menschen ein solch‘ magisches Datum als Anfangsanker brauchen und sie darin unterstützt, in die Veränderung zu kommen, dann ist doch alles gut, oder? Ob das dann auch in eine nachhaltige Veränderung führt, das steht auf einem anderen Blatt Papier. Ich glaube aber nicht, dass das Datum hinderlich ist. Es ist eben nur kein Garant für den Erfolg. Leider untersucht FORSA nur den Veränderungserfolg für die Neujahrs-Vorsätze. Zu den unterjährig begonnenen Veränderungsvorhaben gibt es keine Daten.

Ich ermutige die Menschen immer, sich einen Ort der Stille zu suchen, dort innezuhalten und in sich hineinzuhören. Wenn es draußen still wird, wird der Lärm im Inneren hörbar. Und wer sich dann zuhört, hört auch, ob der Veränderungswunsch auch tatsächlich der eigene Wunsch ist.

Sie starten jedes Jahr am 1. Januar eine Neujahrswanderung, um den Blick auf das Kommende zu richten. Wissen Sie schon, was Sie da diesmal erwarten wird?

Nein, weil ich ja nie weiß, wohin es mich treibt. Ich laufe einfach los und schaue, was passiert. Ich nehme mir nichts vor. Während meiner Wanderung lass‘ ich die Gedanken kommen und gehen. Und irgendwann ist es auch bei mir soweit und es stellt sich ein Gefühl der Gewissheit und der inneren Ruhe ein. Dann sehe ich ganz deutlich, was ich mir für das vor mir liegende Jahr wünsche. Wirklich wünsche. Und dann rufe ich zuhause an und lasse mich abholen. Egal, wo ich gelandet bin. Ob ich 5 oder 30 Kilometer von zuhause entfernt bin. Meine Familie soll an meinem Weg teilhaben. Zumindest an einem kleinen Stück.


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