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„50 Jahre Stonewall – Celebrate diversity! Fight for equality!“ – unter diesem Motto werden am 13. und 14. Juli 2019 wieder Tausende Münchener und Zugereiste auf die Straße gehen. Denn der Münchener Christopher Street Day, kurz CSD, stellt in diesem Jahr den Bezug zu seinem Ursprung in den Vordergrund, die Stonewall-Proteste von 1969. Was damals in New York geschah, wirkt in Zeiten der Ehe für alle weit entfernt, und dennoch sagt Julia Bomsdorf vom CSD München, haben die Paraden auch heute noch ihre Bewandtnis.

Im Interview erklärt Julia Bomsdorf, was das Vermächtnis von Stonewall ist und wie Party und Kampf beim CSD München zusammenpassen.

Julia Bomsdorf, 50 Jahre ist es nun her, dass in New York der Aufstand am Stonewall Inn stattfand. Was ist das Vermächtnis von Stonewall?

Die Stonewall Riots werden in der LGBT-Bewegung als Wendepunkt im Kampf für Gleichbehandlung und Anerkennung gesehen. Während es bis dahin vorrangig um die Entkriminalisierung von Homosexualität und Forderungen nach Toleranz durch die heterosexuelle Bevölkerung ging, so führten diese Aufstände unter anderem dazu, dass Zugehörige des LGBT-Spektrums ein neues Selbstvertrauen fanden und sich weniger bemühten, sich dem heterosexuellen Mainstream anzupassen.

Julia Bomsdorf, CSD München
Julia Bomsdorf, Sprecherin des CSD München, Foto: Michael Trammer

Wie präsent ist Stonewall denn heute noch in der deutschen Gesellschaft?

Gesamtgesellschaftlich ist der Ursprung des CSD in den Stonewall Riots wahrscheinlich nicht so präsent. Medien zeigen bei der CSD-Berichterstattung oft auch lieber die bunten Paradiesvögel und Dragqueens als Aktivist_innen, die Schilder mit politischen Parolen zeigen. Aber auch in der LGBT-Szene gibt es kein einheitliches, übergreifendes Verständnis für die Hintergründe der heutigen Pride-Paraden. Immerhin sind an so einem CSD die unterschiedlichsten Gruppen beteiligt, von politischen Gruppierungen über den schwul-lesbischen Wanderverein bis zum Regenbogen-Chor.

„50 Jahre Stonewall – Celebrate diversity! Fight for equality!“, lautet das Motto des diesjährigen CSD München. Wie passen Feierei und Kampf zusammen?

Partys und andere Events waren seit jeher ein wichtiger Bestandteil der aktivistischen Community. Sie waren ein Treffpunkt, der Menschen die Möglichkeit gegeben hat, sich nicht in der Minderheit zu fühlen. Wir finden es auch wichtig, die Bemühungen und Erfolge all der Menschen, die schon so lange für Akzeptanz und Gleichberechtigung gekämpft haben, zu ehren. Gleichzeitig sollten wir uns aber darauf nicht ausruhen. Weiterhin herrscht weltweit, auch in Deutschland, viel Ungerechtigkeit.

Mittlerweile sind CSD große Events – es gibt bei den Paraden gesponserte Trucks, Firmen und Organisationen präsentieren sich als gute und diverse Unternehmen. Ist dieser Kommerz noch im Geiste der ursprünglichen Stonewall-Bewegung?

Das ist schwer zu sagen, auch weil die Unternehmen unterschiedlich mit diesem Thema umgehen. Einige Marken spenden alle Erlöse aus ihren „Pride-Kollektionen“ an LGBT-Organisationen und unterstützen so politische Bewegungen. Andere fügen ihrem Logo einen Regenbogen hinzu und nutzen alles Einkommen weiter dafür, unter menschenunwürdigen Bedingungen ihre Produkte produzieren zu lassen. Ob das alles im Sinne der Stonewall-Vorreiter ist, lässt sich heute natürlich schwer beantworten, letzteres Szenario mit Sicherheit nicht. Wenn man ihnen aber sagen würde, dass es 50 Jahre nach den Riots für große Konzerne besser ist, sich öffentlich für LGBT-Themen einzusetzen als dagegen zu wettern, würden sie sich über diese Veränderung bestimmt freuen.

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Die Gay Rights Movement der damaligen Zeit hatte einige herausragende Persönlichkeiten, die ihr Leben für ihre Überzeugung aufs Spiel gesetzt haben. Gibt es eine Person, die Sie als Organisatoren des Events besonders inspiriert hat?

Es wird geschätzt, dass mehr als 2000 Menschen an den Aufständen beteiligt waren. Jeder und jede Einzelne davon war wichtig und hat ihren bzw. seinen Teil dazu beigetragen. Besonders hervorgetan haben sich aber wohl Marsha P. Johnson und Sylvia Rivera. Die beiden haben sich ihr gesamtes Leben lang für marginalisierte und stark diskriminierte Gruppen eingesetzt. Als nicht weiße Transpersonen hatten sie mit Schwierigkeiten wie Obdachlosigkeit, HIV, Polizeigewalt und mehr zu kämpfen, dennoch haben sie nie aufgegeben, sich für eine bessere Welt einzusetzen.

Haben Sie denn aktuell ein Vorbild in der deutschen LGBT-Community?

Das ist eine interessante Frage. Als junge Teenagerin war für mich wohl die sichtbarste Person Hella von Sinnen. Heute sind da mehr Menschen dazugekommen, die aber wahrscheinlich im „Mainstream“ nicht so bekannt sind. Da möchte ich etwa die Musikerin Sookee nennen. Auch Maja von der Konzert-Booking-Agentur Queers to the front leistet wichtige Arbeit, indem sie queere Menschen in der musikalischen Subkultur unterstützt. Sie tourt außerdem selbst mit einem Talk über ihre Erfahrungen als Transfrau in der Hardcore-Punk-Szene.

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