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Ein Zyklon in Mosambik oder die Hungersnot in Jemen – humanitäre Krisen sind fast täglich in den Nachrichten. Hilfe kommt häufig von gemeinnützigen Organisationen, die vor Ort unterstützen oder Hilfsmittel liefern. Dabei sind sie maßgeblich auf die finanzielle Unterstützung privater Spender angewiesen. Oftmals wird Interessierten deshalb die Möglichkeit geboten, anlass- oder zweckgebundene Spenden zu leisten. Diese Spenden sind an die Auflage gebunden, dass sie nur für eine bestimmte Katastrophe oder ein bestimmtes Projekt genutzt werden – und wirken so besonders motivierend. Schließlich vermitteln sie doch die Sicherheit, dass das Geld dort ankommt, wo man es sich wünscht.

Tatsächlich sind zweckgebundene Spenden aber nicht immer die optimale Hilfe. Eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien ergab, dass die Zweckbindung von Spenden oftmals dazu führt, dass Hilfsmittel nicht effizient an die Stellen verteilt werden können, an denen sie benötigt werden.

Zweckgebundene Spenden bergen Hürden für Organisationen

„Zweckgebundene Spenden reduzieren die Flexibilität in Bezug auf die Verteilung der Mittel auf verschiedene Hilfsprojekte“, so Tina Wakolbinger, die Co-Autorin der Studie. Besonders bei Katastrophen mit großem medialem Interesse bestehe dadurch die Gefahr, dass zu viele Spenden für einen bestimmten Zweck gesammelt würden, an anderer Stelle jedoch – bei einer weniger beachteten Krise etwa – Unterstützung fehle. Geschieht dies, kann die Zweckbindung nicht einfach aufgehoben werden, was im Zweifel zu hohen Folgekosten führt. „Oft ist es sinnvoll, nicht benötigte Hilfsgüter, Maschinen und Fahrzeuge von einem Land in ein Nachbarland zu transportieren, wenn der Bedarf in der Region aufgrund einer Katastrophe plötzlich hoch ist“, so Wakolbinger. Würden die Hilfsgüter jedoch von zweckgebundenen Spenden gekauft, sei das nicht möglich. Dies führe letztlich zu hohen Transport- und Anschaffungskosten und könne die Effizienz der Organisation langfristig schwächen.

Von diesen Erfahrungen berichtet auch Markus Heuel, Mitglied der Geschäftsleitung des Deutschen Stiftungszentrums im Stifterverband: „Verglichen mit einer freien Spende, limitiert eine Zweckbindung die Flexibilität der Empfängerorganisationen und führt mitunter zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand“, so der Stiftungsberater. Dies sei vor allem der Fall, wenn die Unterstützung plötzlich an anderer Stelle nötiger ist oder ein gemeinnütziges Projekt mit weniger Geld umgesetzt werden kann als geplant.

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Was passiert mit ungenutzten zweckgebundenen Spenden?

Ist dies der Fall, können Organisationen versuchen, unter Rücksprache mit dem Spender eine Umwidmung zu erreichen, durch die das Geld letztlich doch noch an der nötigen Stelle eingesetzt werden kann. Wenn das nicht möglich sein sollte, muss das Geld zurücküberwiesen werden. Beides ist neben dem organisatorischen Aufwand jedoch auch für das Image der Organisation problematisch. „Diese Strategien bergen das Risiko, damit potenzielle Spender zu verlieren, was sich natürlich nur wenige Hilfsorganisationen leisten könnten“, so Tina Wakolbinger. In ihrer Studie hat sich die Universitätsprofessorin ebenfalls mit einer Alternative zum traditionellen Fundraising beschäftigt, mit der eben diese Probleme möglicherweise vermieden werden können: Joint-Fundraising-Initiativen.

Joint-Fundraising-Initiativen als Alternative

Diese mehrere Hilfsorganisationen einschließenden Initiativen hätten, laut der Studie, einen starken Vorteil gegenüber Einzelorganisationen, da sie im Falle einer Katastrophe die Lücke zwischen dem Bedarf an Hilfsgeldern und Spenden reduzieren können. Ein solcher Zusammenschluss ist auch das 2001 gegründete Bündnis Aktion Deutschland Hilft. Es besteht aus 23 eigenständigen deutschen Hilfsorganisationen, die im Falle einer Katastrophe die Möglichkeit bieten, an ein Sammelkonto zu spenden. Hierbei genießen sie zahlreiche Vorteile: „Als Bündnis vereinen wir unsere Kräfte. Dabei profitieren wir nicht nur von dem gegenseitigen Austausch über die Umsetzung von Hilfsprojekten. Wir können die Gelder unseres Sammelkontos auch so an die unterschiedlichen Hilfsorganisationen verteilen, dass sie ihren tatsächlichen Hilfskapazitäten entsprechen“, so Manuela Roßbach, geschäftsführender Vorstand von Aktion Deutschland Hilft. Sollte es trotzdem zu einem Engpass kommen, könnten die Organisationen auch untereinander Partnerschaften eingehen, um Lücken in der Versorgung zu schließen. So können zweckgebundene Spenden besser genutzt werden, da sie zwar an einen bestimmten Zweck, aber nicht an eine bestimmte Organisation gebunden sind.

Doch Manuela Roßbach betont auch die Vorteile freier Spenden: „Jede Spende ist grundsätzlich eine wichtige Unterstützung. Freie Spenden geben uns jedoch die Flexibilität, die Gelder dort einzusetzen, wo die Not am größten ist. Der Spender schenkt uns damit sein größtes Vertrauen, weil er uns die Einschätzung überlässt.“ Beträge, die beispielsweise auf das bindungsfreie Konto „Nothilfe weltweit“ überwiesen werden, können so weltweit eingesetzt werden und im Notfall wie auch bei der Katastrophenvorsorge und bei Hilfsprojekten unterstützen.

Zu diesen Spenden raten die Experten

Doch wie spendet man nun am sinnvollsten? Sollte man komplett auf zweckgebundene Spenden verzichten? „Spenderinnen und Spendern würde ich raten, sorgfältig eine Hilfsorganisation auszuwählen und dann regelmäßig und ohne Zweckbindung zu spenden“, so Tina Wakolbinger. So könne eine möglichst effiziente und langfristige Unterstützung gewährleistet werden, die dort ansetzt, wo es nötig ist. Dazu rät auch Markus Heuel: „Spenden sollten nicht nur von Herzen kommen, sondern auch mit Köpfchen erfolgen“, so der Rechtsanwalt. „Strategisch sinnvoll spendet man etwa durch die regelmäßige Unterstützung einer sorgfältig ausgewählten Organisation, denn konzentrierte Spenden erreichen letztlich die größte Wirkung.“

Es gilt also: Informieren statt blindlings hier und da zu spenden. Hat man dann die Hilfsorganisation des Vertrauens gefunden, fällt es vielleicht nicht mehr so schwer, sich darauf zu verlassen, dass das Geld ankommt, wo es nötig ist – ganz ohne Zweckbindung.

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