Subscribe & Follow:

Kollegin A telefoniert mit ausladenden Gestiken, rhythmisch kichernd. Kollege B schnäuzt sich die Nase, geräuschvoll, danach hüstelt er. Kollegin C unterlegt – bedeckt monoton bis flüsternd – dieses Setting mit Erläuterungen in Richtung der Praktikanten, während irgendjemand an der Kaffeemaschine Cappuccino fürs nächste Meeting vorbereitet. Dazwischen Sie selbst. Ihr Text, den Sie bis in 20 Minuten Korrektur gelesen haben sollen. Und Ihre Verzweiflung. Wie – verdammt nochmal – soll sich hier ein Mensch konzentrieren und bei der Arbeit nicht ablenken lassen?

Ablenkung lauert überall

Überspitztes Beispiel, selbstverständlich. Aber sich im Büro auf eine wirklich wichtige Aufgabe zu konzentrieren ohne sich ablenken zu lassen, ist oft ein echtes Problem. Und auch wer nicht im Großraumbüro auf Etage 24 sitzt oder als Selbstständiger auf Co-Working-Spaces angewiesen ist, in dem alle Arten von Arbeitsverhalten zusammentreffen, kennt die Chose; sogar wer im Home-Office die Wand gegenüber des Schreibtisches betrachtet, bemerkt auf einmal spannend schimmernde Schattierungen, Spinnweben, Schmutz einer zerdrückten Mücke und die plötzlich aufwallenden Erinnerungen an den vergangenen Sommer, der so angenehm lau war, lange Abende auf dem Balkon, Rotwein, diese salzigen Cracker dieser einen ganz bestimmten Marke, nach der man ist, was man isst…

Wie war das Thema noch gleich? Ah ja, sich bloß nicht ablenken lassen. Spätestens an diesem Punkt ist deutlich, dass wir nicht der Weisheit letzten Schluss präsentieren können. Aber ein paar Tools und Techniken möchten wir Ihnen mitgeben:

Die Sofortmaßnahmen, um sich bei der Arbeit nicht ablenken zu lassen

Kopfhörer.

Klingt einfach, hilft aber ungemein, vorausgesetzt die Wurzel des Übels bezieht sich einzig auf einen momentan für Sie störenden Geräuschpegel. Sie müssen sich nur kurz konzentrieren, gerade mal eben eine Excel-Liste durchgehen oder etwas abtippen? Noise-Cancelling-Kopfhörer – oder zu Deutsch: (hübscher) Kopfhörer mit Außengeräuschunterdrückung – gibt es zwischenzeitlich in jedem Consumer-Electronics-Markt der Wahl und könnte, bei ausreichender Argumentationsgrundlage und Verhandlungsgeschick, vom Arbeitgeberübernommen werden.

Rückzug.

Wie sieht Ihr Arbeitsplatz aus? Gibt es eine offene Küche? Meeting-Räume? Eine Couch-Ecke? Eine Bibliothek, deren Stille-Codierung auch ernst genommen wird? Wenn ja, dann wagen Sie den Weggang. Ihre Kollegen werden verstehen, wenn Sie sich Ihren Laptop schnappen und sich mal zwei Stunden zurückziehen. Und Sie werden es überleben. Auch wenn es mit diesem einen Kollegen immer so unverhofft witzig wird, wenn er die Guilty-Pleasure-Playlist auspackt…

Planung.

Schauen Sie in den allgemeinen Arbeitskalender: Da ist er, dieser eine Nachmittag, an dem die Teilzeitkollegin schon weg, die Praktikantin auf Schulung und der Kollege auf Außentermin ist. Endlich ein Slot, an dem Sie an Ihrem gewohnten Arbeitsplatz sitzen können (vorausgesetzt diesen gibt es in Ihrem Unternehmen noch) und dieses eine To-do wegarbeiten, für das Sie länger Ruhe brauchen. Sicher, solche Zufälle sind die Ausnahme, aber wer die To-do-List ein bisschen um den Terminflow herumlegt, wird die Dinge nicht nur wegarbeiten können, sondern sich auch freuen, dass die Planung geklappt hat.

Die Langzeit-Techniken, um sich bei der Arbeit nicht ablenken zu lassen

Ignorieren üben.

Was Gauland und Seehofer gemeinsam haben? Man kann an ihnen beiden besonders und an ihren Parteigenossen im erweiterten Sinne herrlich üben, was es bedeutet, geflissentliche Ignoranz walten zu lassen. Ob es parteipolitisch, demokratisch und gesellschaftlich vertretbar ist, das zu tun, erörtern wir vielleicht in einem der nächsten Kursbücher, hier und heute soll der Ort sein, die Egal-Haltung zu befeiern: Auch wenn die Geräuschkulisse anschwillt und Sie durchaus Interesse hätten an dem, was die Kollegen so plaudern: lächeln, atmen, weitermachen lautet Ihre Devise. Alles, was kriegsentscheidend ist, kriegen Sie früher oder später ohnehin mit. Praktizieren Sie diesen Ignorier-Modus immer wieder, bis er in Fleisch und Ohren übergangen ist und Sie sich nicht mehr ablenken lassen.

Resolut sein.

Genau wie ein gesundes Maß an Ignoranz kann auch ein Mittelmaß an Resolutheit trainiert werden. Am Anfang wird es wehtun, die junge Kollegin mit einem „Jetzt nicht“ abzukanzeln, aber sie wird es verkraften. Nein sagen, heißt nicht negieren – Sie kümmern sich ja, nur eben nicht jetzt! Nicht umsonst rät jede mittelgute Fachzeitschrift, dass Nein sagen ein Befreiungsschlag werden kann. Probieren Sie es aus, unverhofft stellt sich eine Form des Respekts Ihnen gegenüber ein, denn wer zwei Mal überlegt, ob er Sie mit einer Lappalie nervt, kümmert sich vielleicht erst mal selbst und verschwendet nicht Ihre Zeit. Falls Sie nicht sofort als herzlose Nein-Sagerin wahrgenommen werden wollen, können Sie auch darum bitten, dass zehn Fragen gesammelt werden, bevor diese gebündelt mit Ihnen besprochen werden – das ist dann das „Jetzt nicht“-light. Und: Verlieren Sie nicht die Position desjenigen aus dem Blick, der Ihnen gegenüber steht. Dem neuen Praktikanten sollten Sie mit mehr Fingerspitzengefühl gegenübertreten als der plauderlustigen Kollegin.

Inspirieren zulassen.

Schätzen Sie Ablenkung auch mal wert. Denn: Sie sind ein Mensch. Kein Roboter. Also eines der Wesen, die zuweilen kontingent agieren, irrational handeln, paradox reden und ad hoc reagieren müssen. Ablenkung ist also ganz normal und sollte auf keinen Fall verteufelt werden. Durch Ablenkung erfrischen Sie nicht selten mal den Geist und helfen den Signifikanten in Ihrem Kopf ein frisches Tänzchen aufzuführen: Beim Scrollen durch den Instagram-Feed könnte Ihnen die zündende Idee kommen, die Präsentation, an der Sie sitzen, schöner zu gestalten. Beim Lesen der neuesten Schlagzeilen könnten Sie frischen Input für den neuen Unternehmensslogan bekommen, der gerade gesucht wird. Oder aber Sie bekommen durch Ablenkung jedweder Art einfach mal gute Laune –  was in Sachen Motivation der weiteren Arbeit ja nicht hinderlich ist.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.

Schließen