Management – das klingt nach Zahlen und Fakten, nach kühlem Kopf und nicht nach Emotionen. Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts, sagt jedoch: Gerade im Management kann man von Emotionen profitieren – man muss nur wissen wie.
Im Interview erklärt Harry Gatterer, warum Emotionen das Management besser machen können und wie sie sich einsetzen lassen.
Herr Gatterer, welche Rolle spielen Emotionen im Management?
Gerade im hohen Management geht es eher um knallharten Fakten, ein Zugang über Emotionen ist ungewöhnlich, manchmal auch nicht erlaubt. Und wenn es um Emotionen geht, dann geht es um Streitkultur oder gute Emotionen – wie etwa bei der Weihnachtsfeier. Aber dass Emotionen bewusst als Management-Tool eingesetzt werden, das ist überhaupt nicht verbreitet.
Ist dieser fehlende Einsatz von Emotionen als Management-Tool auch dadurch begründet, dass viele Chefs Männer sind?
Tatsächlich hatte ich einmal die Situation, dass ein Manager vom Finanzvorstand zu mir sagte: „Für Emotionen ist bei mir die Frau zuständig.“ Wortwörtlich. Und gleichzeitig ist meine Erfahrung: Auch Managementteams, die nur aus Männern bestehen, öffnen sich diesem Dialog, wie wir ihn etwa beim Entwickeln von Unternehmensvisionen führen. Und in der Regel sind sie sehr überrascht, wie effektiv dieser Zugang ist.
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In bestimmten Unternehmensbereichen – etwa dem Marketing – wird sehr bewusst mit Emotionen gearbeitet, in anderen aber nicht. Es gibt somit meist emotionales Know-how im Unternehmen. Warum aber wird das nicht auf alle Abteilungen verteilt?
Da sind wir wieder bei den Fakten und Values, die wir im hohen Management erleben. Und beim Marketing geht es um die schöne bunte Welt, da muss ich die Menschen draußen berühren. Und da merkt man, dass es ein Missverständnis gibt: Nämlich, dass diese Berührung, die man draußen ja für völlig normal hält, drinnen genauso wichtig ist. Draußen will man die Menschen dazu bewegen, etwas zu kaufen – dafür muss man auch emotional sein. Aber dass man, wenn man eine Organisation entwickeln will, auch Menschen bewegen möchte, das wird oft einfach vergessen.
Aber was heißt das nun konkret: Soll ein Chef mehr loben, zählt das als Emotion? Oder reden wir von einem anderen Rahmen, einem Kickerturnier zum Beispiel?
Nein, das sind für mich Artefakte, denen ein gewisses Ziel fehlt. Was ich im Kern meine, ist eine Reflexionsfähigkeit den Emotionen gegenüber. Das brauchen Unternehmen, das brauchen Manager.
Das müssen Sie erklären.
Emotionen sind im Grunde Informationen an uns selbst. Wir können uns über Emotionen darüber informieren, wie es uns geht. Aber müssen wir dafür die Emotionen jedes Mal ausleben oder können wir sie reflektieren, indem wir sagen: Das fühlt sich für mich so und so an und wie können wir damit umgehen? Das meine ich mit einer Reflexionskultur in Bezug auf Emotionen. Und diesen Ansatz kann man auf einer Managementebene methodisch nutzen, um Bilder für die Zukunft des Unternehmens zu erzeugen.
Können Sie ein Beispiel dafür geben, wo die Reflexion von Emotionen hilfreich ist?
Stellen wir uns ein Mitarbeitergespräch vor und zwei Fragen, die gestellt werden. Die erste: Was macht Ihnen Hoffnung? Und die zweite Frage lautet: Was macht Ihnen Angst? Und dann schaut man sich die Antworten gemeinsam an und überlegt, wie sich die Hoffnung befeuern und die Ängste mindern lassen. Das ist ein ganz kleines Element, das ein Mitarbeitergespräch zu einem echten Moment macht. Wohingegen so ein fehlergeleitetes Gespräch – wie viel wollen wir mehr machen und so weiter – überhaupt nicht die Effizienz und die Kraft hat.
Da braucht es aber auch Chefs, die das umsetzen und genau solche Fragen stellen können.
Oder auch offen sein könnten, solche Fragen zu beantworten – das gehört dann dazu. Weil ich kann als Chef nicht nur verlangen, dass der andere sich öffnet.
Aber ändert sich der Umgang mit Emotionen im Management durch die Generation Y?
Total, die Führungskultur wird eine total andere. In Umfeldern hoher Komplexität funktionieren klassische Controlling-Führung und Zielerreichungsführung nicht mehr. Es geht eindeutig in die Richtung, dass die Führungskräfte zu Coaches werden. Da geht es um emotionale Kompetenz und auch darum, als Führungskraft mit unterschiedlichen Rollensituationen klarzukommen. Etwa, dass ein anderer in einer Situation die Führung übernimmt, weil er in dem Moment der Bessere ist. Solche Dinge auszuhalten, diese Ambiguitätsfähigkeit zu haben, das ist etwas, was ich zunehmend als neue Art des Managements beobachte.
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Titelbild: pexels.com