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Mag das Wetter derzeit auch einheitlich grau sein. Die Kulturtipps im November sind es nicht – dafür sorgen Klavierlieder von Moritz Eggert, das neue Buch von Martin Suter und der Film „Der Vorname“.

Klavierlieder von Moritz Eggert: Garantiert kein Ohrwurm

Ohrwürmer sind gemein. Sie nisten sich fest, kreisen immerfort als Melodie im Kopf herum und besonders schlimm dabei: Sie gefallen uns in der Regel nicht. So ging es auch Moritz Eggert bei einem Griechenlandurlaub. Der Komponist, wahlweise als enfant terrible beäugt oder genialer Komponist zeitgenössischer Musik gefeiert, musste sich im Schwimmbad täglich die immer gleiche Elektropopstampfmusik anhören. Um den Schrecken aus seinem Kopf zu bekommen, griff er zu einer musikalischen und doch rabiaten Methode: er sezierte die Musik aufs grausamste. Seine Mitstreiter sind die hervorragende Sopranistin Irene Kurka und der ungarische Pianist Martin Tchiba. Gemeinsam zerlegen sie nicht nur den Griechenland-Ohrwurm, sondern interpretieren auch das Online – Gästebuch von Michael Ballack in „Ballack, du geile Schnitte“ und schaffen sogar den Bogen zu dem sechs Lieder umfassenden Zyklus mit vertonten Gedichten von Schubert und Rilke. „Ohrwurm“ ist eine Entdeckungsreise, die uns garantiert nicht in den Wahnsinn treibt, wohl aber in die gute Laune.

Ohrwurm
Klavierlieder von Moritz Eggert
Irene Kurka, Sopran
Martin Tchiba, Klavier
Moritz Eggert, Klavier
Spektral, 2018

„Allmen und die Erotik“: Elegante Erotik mit dem neuen Roman von Martin Suter

Ja, er ist wieder da, Johann Friedrich von Allmen, eleganter Lebemann aus der ebenso eleganten Feder Martin Suters. Dieses Mal sind kleine, erotische Porzellanfiguren die Objekte der Begierde einiger Sammler. Einst heimlich unter dem Ladentisch teuer verkauft, schlummern sie nun in einem Lagerhaus – und nicht nur Allmen wittert darin die Möglichkeit, seine finanzielle Lage aufzubessern. Denn Suters Protagonist ist so pleite wie nie zuvor – ohne Aussicht auf Besserung. Um nicht immer seinen treuen und weitaus sparsameren Diener Carlos um Hilfe zu bitten, lässt sich Allmen zu einem Diebstahl hinreißen – und wird ertappt. Doch statt bei der Polizei zu landen, erpresst ihn der windige Security-Mann Krähenbühler. Es geht – natürlich – um wertvolles Porzellan und wer wie den Zugriff auf die erotischen Preziosen erhält. Gewohnt leichtfüßig und amüsant entführt uns Martin Suter in das wunderbare Universum seines Johann Friedrich von Allmen. Ein Roman, in dem die Mischung aus Dekadenz, Eleganz und Blasiertheit des einen, der Pragmatismus und das Verhandlungsgeschick des anderen sowie die Tatkraft und Direktheit der einzigen Frau im Bunde auch dieses Mal hervorragend funktioniert.

Martin Suter
Allmen und die Erotik
Diogenes Verlag, Zürich 2018

„Der Vorname“: Sprachgewaltiger Wortwitz

„Adolf!“ „Adolf? Wie Adolf Hitler?“ Das Entsetzen steht Stephan ins Gesicht geschrieben und auch René ist sprachlos, als Thomas verkündet, dass er und seine Freundin Anna ihr Kind Adolf nennen wollen. Die drei warten auf Elisabeth, Thomas‘ Schwester, Stephans Ehefrau und Renés beste Freundin, die in der Küche mit dem Essen werkelt. Es sollte ein Abendessen unter Freunden werden, doch mit dem „Vornamen“ kippt die Stimmung. Während Stephan seinen professoralen Intellekt des Literaturprofessors zur Schau stellt, kämpft Thomas als wohlhabender Immobilienmakler ohne Abitur um Argumente, sein Kind nennen zu dürfen, wie er es möchte. Als schließlich Anna etwas später hinzukommt, eskaliert die Situation, da die junge Frau völlig unvorbereitet angegriffen wird. Längst geht es nicht mehr nur um den Vornamen. Unterdrückte Wünsche, Ärgernisse, Neid und Missgunst inklusive der vermeintlichen Homosexualität Renés werfen sich die vier an den Kopf. Es ist grandios, wie die Schauspielerriege Carolin Peters, Janina Uhse, Christoph Maria Herbst, Justus von Dohnányi und Florian David Fitz agieren. Ein Wort gibt das andere, ohne das es je zu viel würde. Regisseur Sönke Wortmann schafft eine intellektuelle Komödie, wortlastig, aber hoch-komisch, und zeigt meisterhaft, was der deutsche Film so alles kann.

Der Vorname
Seit 18. Oktober im Kino

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